Welche Spuren hinterlassen Misshandlung, emotionaler oder sexueller Missbrauch?

Die psychischen Folgen liegen auf der Hand. Forscher aus Nordamerika haben jetzt aber Hinweise gefunden, dass sich Missbrauchserfahrungen wohl regelrecht in den Körper einbrennen, und zwar ins Erbgut. Die Forscher haben die Samenzellen von 34 erwachsenen Männern untersucht, von denen einige als Kinder in verschiedenem Maße körperlicher Misshandlung, emotionalem oder sexuellem Missbrauch ausgesetzt waren. Dabei gab es deutliche Anzeichen, dass sich das Trauma auch nach Jahren noch in zwölf Regionen an der DNA widerspiegelte. Ein Teil des Erbguts war zu 29 Prozent anders als bei Männern, die nicht misshandelt oder missbraucht worden waren. Die Veränderungen ermöglichten den Forschern sogar Rückschlüsse auf den ungefähren Zeitpunkt des Missbrauchs. Außerdem haben die Forscher einen Algorithmus entwickelt, der zu 70 Prozent korrekt erkennen konnte, welche der 34 Probanden missbraucht oder misshandelt wurden und welche nicht.

Ann-Kathrin Horn, Wissensnachrichten
"Allerdings: Das war erstmal eine sehr kleine Studie. Bevor man wirklich Rückschlüsse ziehen kann, muss es noch mehr Studien geben, die zu ähnlichen Ergebnissen kommen."

Trotzdem: Möglicherweise könnten Missbrauchsspuren im Erbgut irgendwann sogar als Nachweis in Gerichtsverfahren dienen. Außerdem könnten sie bei der Klärung der Frage helfen, ob sich Missbrauchserfahrungen und davon verursachte Traumata von Generation zu Generation vererben. Bei Mäusen ist das der Fall: Dort wurden Traumata, die genetisch erkennbar war und sich im Verhalten äußerte, über drei Generationen hinweg vererbt.