Wer in einer Region lebt, die mal durch die Kohleindustrie geprägt war, der ist offenbar unglücklicher und unzufriedener.
Ein internationales Forscherteam hat in ehemaligen industriellen Kerngebieten von England und Wales Persönlichkeitstests mit fast 400.000 Leuten gemacht. Das Ergebnis: Die industrielle Vergangenheit hat wohl noch heute Auswirkungen auf die Psyche der Menschen, die dort leben.
Sie sind demnach geneigter, ängstlich und depressiv zu sein. Der Neurotizismus zum Beispiel, also die persönliche Labilität eines Menschen, ist laut der Studie in den Ex-Kohlegebieten um ein Drittel höher als im Rest Großbritanniens. Sie verhalten sich außerdem impulsiver und haben eher mal Probleme, sich selbst zu motivieren, sind nicht so zielorientiert, planen fällt ihnen schwerer und Geld sparen auch. Die allgemeine Lebenszufriedenheit ist geringer.
Die Forscher glauben, dass die Kohlevergangenheit, die daraus hervor gehenden gesellschaftlichen Veränderungen plus negative wirtschaftlichen Folgen - wie hohe Arbeitslosigkeit - den Effekt auf die Psyche immer weiter verstärkt haben. Die Tests haben verschiedene Persönlichkeits-Merkmale untersucht - zum Beispiel Extrovertiertheit, Pflichtgefühl, Offenheit oder auch Altruismus und Selbstdisziplin.
Warum Persönlichkeitsmerkmale und Industrialisierung korrelieren, dazu haben die Forscher zwei Theorien: Migration und Sozialisation. Die Menschen, die in Industriegebiete einwanderten, taten dies oft, um einen Job zu finden und in der Hoffnung, der Armut auf dem Land zu entkommen - sie hatten also bereits negative Emotionen. Die wurden dann über Generationen vererbt. Wer die Gegenden aber verlassen hat, der war später zufriedener, optimistischer und belastbarer.
An der Studie war auch eine deutsche Uni beteiligt: Die duale Hochschule Baden-Württemberg. Die Ergebnisse wurden im Journal of Personality and Social Psychology veröffentlicht.