Was macht Lieblingssongs zu Lieblingssongs? Und welchen Einfluss hat das Geburtsjahr auf diese Entwicklung?
Genau diese Fragen hat sich ein Journalist der New York Times nach einem Streit mit seinem jüngeren Bruder gestellt. Der eine fand den Song "Born to Run" von Bruce Springsteen super, der andere hielt ihn für totalen Mist. Daraufhin hatte Seth Stephens-Davidowitz die Idee, dass die Zeit, in die wir geboren werden, unseren Musikgeschmack maßgeblich beeinflusst – also ganz konkret das Geburtsjahr. Um herauszufinden, ob das stimmt, hat er sich Daten vom Streamingdienst Spotify geben lassen. Konkret ging es darum, wie häufig weibliche und männliche User in einem bestimmten Alter welche Songs hören.
Mit diesen Datensätzen hat der Journalist die Beliebtheit aller Nummer-1-Hits in den USA in den Jahren von 1960 bis 2000 untersucht – und da hat sich ein relativ deutliches Muster gezeigt: Viele Männer finden die Songs gut, die rauskamen, als sie 13 bis 16 Jahre alt waren. Bei Frauen ist es etwas früher, sie mögen Musik, die veröffentlicht wurde, als sie zwischen 11 und 14 Jahre alt waren. Bei beiden Geschlechtern enspricht das dem Journalisten zufolge in etwa dem Ende der Pubertät.
Die Analyse beruht zwar auf wissenschaftlichen Methoden, ist aber keineswegs repräsentativ: Über Bruce Springsteens "Born to Run" liegen sich Autor und Bruder nämlich immer noch in den Haaren. Aber dieses Muster ist schon interessant und es gibt auch andere, etwas systematischer angelegte Untersuchungen, die zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommen.
Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik in Frankfurt zum Beispiel sagen: Es gibt Anzeichen dafür, dass vor allem in der frühen Pubertät oft sogenannte musikalische Schlüsselerlebnisse auftreten. Also ganz konkrete Momente, an die man sich später auch sehr gut erinnert und in denen einem ein bestimmter Song plötzlich sozusagen ans Herz geht.
Es gibt aber auch Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass eher die frühen 20er die prägenden Jahre für den Musikgeschmack sind. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass noch eine Menge anderer Einflussfaktoren eine Rolle spielen: Die Persönlichkeit, das soziale Milieu, unser direktes Umfeld – oder auch einfach nur Zufälle.