Ein Palästinensischer Staat neben einem israelischen – schon lange wird immer wieder über die sogenannte Zwei-Staaten-Lösung diskutiert. Aber die Fronten sind extrem verhärtet. Eine neue Studie hat untersucht, ob beide Seiten überhaupt noch an einen Kompromiss glauben.

Für die Studie befragten ein israelisches und ein palästinensisches Forschungszentrum gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung mehr als 2000 Israelis und Palästinenser – aus Israel, dem Westjordanland und aus dem Gaza-Streifen. Die Forscher wollten wissen, ob die Bevölkerung eine Zwei-Staaten-Lösung überhaupt noch unterstützt.

Unterstützung Ja - aber...

Das Ergebnis: Auf beiden Seiten gibt es eine knappe Mehrheit für zwei nebeneinander existierende Staaten. 51 Prozent der Palästinenser und 58 Prozent der Israelis befürworten die Zwei-Staaten-Lösung.

Das große Problem: Beide Seiten haben ziemlich unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie ein solcher Kompromiss genau aussehen sollte.

Der Abkommens-Vorschlag der Forscher

  • Ein palästinensischer Staat ohne Waffen
  • Israel zieht sich wieder hinter die Grüne Linie von 1967 zurück
  • Jerusalem wird geteilt
  • Im Westjordanland bleiben nur ein paar israelischen Siedlungen

Bei diesen Bedingungen sanken auch die Zustimmungswerte. Nur noch 39 Prozent der Palästinenser und 46 Prozent der Israelis wären mit einer solchen Lösung einverstanden.

Die Forscher der Studie wollten auch wissen, ob die Bevölkerung eigentlich noch an eine Lösung glaubt. Damit sieht es aber eher düster aus. Der Großteil der Israelis glaubt vielmehr, dass es erst einmal noch mehr Gewalt geben wird.

"Die Mehrheit der Palästinenser und der Israelis geht nicht davon aus, dass es in den nächsten fünf Jahren einen unabhängigen palästinensischen Staat geben wird."
DRadio-Wissen-Reporterin Anna Kohn

Ziemlich wenig überraschend ist, dass beide Parteien der jeweils anderen die Schuld für die gescheiterten Friedensverhandlungen gibt. Immerhin Immerhin 40 Prozent der Befragten sagen aber auch, dass beide Seiten Schuld sind. So wie Abubakr aus dem Gaza-Streifen: "Verhandlungen sind immer eine Sache von zwei Seiten. Und wenn sie scheitern, sind beide Schuld." Er findet aber auch: "Israel ist mehr verantwortlich – weil sie die stärkere Partei sind."

Zu viel Misstrauen

Eine Annäherung sei wegen des großen gegenseitigen Misstrauens sehr schwierig, sagt DRadio-Wissen-Reporterin Anna Kohn. Die Palästinenser trauen den Israelis wegen der Siedler im Westjordanland nicht – und die Israelis trauen den Palästinensern wegen des Terrors nicht.

"Beide Seiten denken nur an die Extremisten im anderen Lager und sehen nicht, dass das nicht repräsentativ ist."
Psychologin Anat aus Tel Aviv

Eine weitere bittere Erkenntnis aus der Studie ist laut DRadio-Wissen-Reporterin Anna Kohn auch, dass die Mehrheit auf beiden Seiten nicht an einen Kompromiss glaubt, der auch wirklich für beide Seiten gut sein kann.

Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es aber. Der Studie zufolge denken immerhin mehr als 40 Prozent, dass die jeweils andere Seite auch Frieden will.

"Eine Ein-Staaten-Lösung – eine Zwei-Staaten-Lösung – ein Friedens-Abkommen: Ich bevorzuge eine LÖSUNG."
Abubakr lebt als Lehrer im Gaza-Streifen
Shownotes
Studie zur Zwei-Staaten-Lösung
Viel Misstrauen, wenig Hoffnung
vom 22. August 2016
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspartnerin: 
Anna Kohn, Dradio Wissen