Die Familie hat alles arrangiert - das Fest, das Buffet und auch Braut und Bräutigam. Wem die Zwangsehe droht, dem bleibt oft nur eine Chance: flüchten.
Der schönste Tag im Leben ist für viele eher ein Albtraum - der Tag, an dem sie nach dem Willen ihrer Familie einen vorbestimmten Mann oder eine vorbestimmte Frau heiraten sollen. Dass die Familie den Lebenspartner aussucht, kommt immer noch vor. Terre des Femmes schätzt, dass mehrere Tausend Frauen in Deutschland betroffen sind.
Frauen und Männer sind betroffen
Doch auch junge Männer werden von ihren Eltern zwangsverheiratet - ihnen fällt es aber noch schwerer als Frauen, sich Hilfe zu suchen. Häufig sind sie in ihren Familien psychischem Druck aber auch körperlicher Gewalt ausgesetzt, sagt Bettina Gütschow von der Fachstelle Zwangsheirat.
"Etwa fünf Prozent aller Fälle, die zu uns kommen, sind Jungs und junge Männer."
Gütschow und ihre Kollegen helfen mit Beratung und Zufluchtsstellen, je nachdem, was nötig ist. Manche Frauen kommen zu ihr und sagen: "In fünf Tagen geht der Flieger". Bei anderen hat man mehr Zeit zu planen, erzählt sie. Die Hilfesuchenden kommen meist aus türkischen Familien. Zwangsehen gibt es aber auch in afrikanischen Ländern, dem Balkan, im Irak oder Afghanistan.
"Für die meisten ist es ein großer Konflikt, einerseits in der Familie bleiben zu wollen, andererseits sich für ein eigenes Leben zu entscheiden."
Denn wer sich gegen die Zwangsehe stellt, der muss sich oft von seiner Familie lossagen, den Kontakt komplett abbrechen. "Das schaffen nicht alle", sagt Gütschow. Manche heiraten dann doch, weil sie diese harte Entscheidung nicht fällen können. Oder hoffen, am Ende geht vielleicht noch alles gut.
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