Die Eisdecke auf zugefrorenen Wasserflächen kann aus weißem oder schwarzem Eis bestehen. So unterscheiden es Forschende. Ist die Eisdecke weiß, sollten wir sie auf keinen Fall betreten.

Ein Spaziergang bei klirrender Kälte entlang eines zugefrorenen Sees: Die kompakte Eisschicht wirkt verlockend und lädt uns dazu ein, ein paar Schritte auf ihr zu gehen. Vor allem, wenn schon jede Menge Leute auf ihr unterwegs sind. Da ignoriert man auch schon mal die Warnschilder, die am Ufer angebracht sind. Aber nicht immer ist das eine gute Idee – vor allem dann nicht, wenn wir uns dadurch selbst in Lebensgefahr bringen.

"Wenn schwarzes Eis frisch gefroren ist, dann kann man wirklich wie durch Glas durchschauen. Dann sieht man oft sogar noch den Boden in ein, zwei Meter Tiefe, je nachdem, wie trüb der See ist."
Hans-Peter Grossart, Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei

Auf Eisflächen, die aus sogenanntem weißen Eis bestehen, sollten wir uns auf keinen Fall wagen, denn die sind nicht besonders tragfähig. Die Gefahr einzubrechen, ist deutlich höher als bei schwarzem Eis, sagt Hans-Peter Grossart vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei. Er hat Eisflächen genauer erforscht.

Er erklärt, wie man die beiden Arten von Eisflächen unterscheiden kann: Schwarzes Eis sieht sehr viel dunkler aus. Das liegt vor allem an der Kristallstruktur des Eises. Die ist so beschaffen, dass sie sehr viel tragfähiger ist, als bei weißem Eis. Das hängt unter anderem damit zusammen unter welchen Umständen sich die Eisdecke gebildet hat, sagt Hans-Peter Grossart.

Über Nacht bei großer Kälte zugefroren

Das schwarze Eis entsteht bei sehr großer Kälte. Wenn beispielsweise ein See über Nacht zufriert. Die Oberfläche ist dann in der Regel spiegelglatt, sagt der Ökologe für Gewässer. Das schnelle Zufrieren bei großer Kälte sorgt für eine dichte Kristallstruktur. Dadurch ist sie besonders stabil.

Die Tatsache, dass es sich um schwarzes Eis handelt, reicht allerdings nicht aus, um davon auszugehen, dass es sicher ist, darauf herumzulaufen. Eine wichtige Rolle spielt auch die Dicke der Eisfläche. Sie sollte mindestens zehn Zentimeter betragen, sagt Hans-Peter Grossart

Bei häufigen Temperaturwechseln können Eisflächen nicht so fest sein

Eisflächen aus weißem Eis entstehen hingegen eher, wenn die Temperatur häufiger wechselt. Dadurch taut die Eisdecke an manchen Stellen womöglich wieder an, dann schneit es vielleicht, wenn es wieder abkühlt, dann wird sie wieder fester, indem sie gefriert. Das heißt, der Prozess des Gefrierens erfolgt nicht in kurzer Zeit, nicht bei sehr kalten Temperaturen, und er wird zeitweise unterbrochen.

Das alles hat Einfluss auf die Kristallstruktur. Sie ist nicht so dicht, an vielen Stelle sind die Kristalle nicht so kompakt zusammengesetzt, die Kristallstruktur ist dadurch an vielen Stellen gestört und es gibt auch Lufteinschlüsse, sagt der Forschende Hans-Peter Grossart.

"Häufig haben wir nicht kontinuierlich Minusgrade, sondern immer einen Wechsel zwischen Minus- und Plusgraden. Das führt dazu, dass dann das Eis antaut, Schnee drauffällt, festfriert und man eben verstärkt dieses weiße Eis bekommt."
Hans-Peter Grossart, Ökologe für Gewässer

Aufgrund des Klimawandels wird es künftig häufiger Eisflächen geben, die aus weißem Eis bestehen. Das liegt daran, dass sich kalte Temperaturen stärker mit milderen Temperaturen abwechseln werden.

Das ist allerdings auch ein Problem für die Pflanzen und Tiere, die sich in einem Gewässer befinden, sagt Hans-Peter Grossart. Das weiße Eis ist nicht ganz so durchlässig für Licht wie das schwarze Eis, das oft glasklar ist.

Weiße Eisflächen reflektieren das Sonnenlicht eher. Dadurch gelangt weniger Licht in den See. Das fehlt dann beispielsweise denjenigen Algen, die Licht für die Photosynthese benötigen. Weniger Biomasse wird produziert. Das kann auch andere Organismen und Tiere beeinflussen, die sich im selben Lebensraum befinden.

Shownotes
Zugefrorene Seen
Weißes Eis nicht betreten, schwarzes schon eher
vom 24. Januar 2023
Moderation: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartner: 
Hans-Peter Grossart, Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)