Der Wohnungsmarkt ist besonders in Großstädten angespannt und die Suche nach einer neuen Bleibe wird schnell zum stressigen Albtraum, weiß auch Nazli. Sie hat eine Wohnung im Raum Hamburg gesucht. Deutschlandfunk-Nova-Reporter Marcus Wolf hat recherchiert, was helfen könnte, um für mehr günstigen Wohnraum zu sorgen.
Nazli und ihr Mann hatten in ihrer alten Wohnung viel Schimmel. Das war vor allem für Nazli eine Belastung, weil sie unter Asthma leidet. Zuerst waren es nur einzelne schwarze Punkte an der Decke. Der Schimmel hat sich dann aber sehr schnell in der Wohnung ausgebreitet, erzählt Nazli: "Es wurde immer größer und größer: im Schlafzimmer, im Wohnzimmer, in der Küche, überall. Als wir gemerkt haben, die Verwaltung macht nichts, haben wir angefangen, eine neue Wohnung zu suchen."
Wohnungssuche: Zehn bis zwölf Anfragen pro Tag verschickt
Die Wohnungssuche lief aber nicht reibungslos. Die beiden haben etwa ein Jahr gesucht – auf allen gängigen Portalen. Nazli sagt, dass sie pro Tag zehn bis zwölf Anfragen rausschickte und auch Freunde mit suchten. Doch alles fruchtete nicht und die Verzweiflung bei Nazli und ihrem Mann wurde immer größer.
"Wir waren so verzweifelt, dass wir kurz davor waren, zu meinen Eltern in den Keller zu ziehen."
Nazli sagt, dass es bei den meisten Wohnungsanzeigen, auf die sie sich gemeldet hat, nicht mal eine Rückmeldung gab. Auffällig war, dass ihr Mann, der damals noch einen deutschen Nachnamen hatte, deutlich mehr Feedback bekam. Nazli möchte da keinen Rassismus unterstellen – aber ihre Vermutung ist, dass einige Menschen voreingenommen sind, wenn diese ihren Namen lesen: "Vielleicht dachten sie auch, die kann bestimmt kein Deutsch oder was weiß ich und haben dann tatsächlich eher meinem Mann geantwortet."
Traum von Wohnung direkt in Hamburg geplatzt
In dem knappen Jahr Wohnungssuche hatten die beiden nur fünf Besichtigungen – alle sind über Nazlis Mann zustande gekommen. Eigentlich haben sie auch eine Zwei- bis Dreizimmerwohnung in Hamburg gesucht. Weil sich das Ganze schwierig gestaltet hat, haben die beiden dann ihren Radius erweitert. Gefunden haben sie am Ende eine Wohnung außerhalb von Hamburg – etwa 40 Minuten entfernt. Ein Kompromiss. So ganz zufrieden sind sie nicht, eine neue Wohnungssuche wollen die beiden aber vorerst nicht starten:
"Die Zeit war so traumatisierend für uns, dass ich uns das eigentlich ersparen möchte – mindestens für zwei Jahre."
Auch Lara sucht schon länger eine Wohnung in Berlin. Sie ist Musikerin und hat einen ungewöhnlichem Weg versucht, eine neue Bleibe zu finden – und zwar auf dem Berliner Kurfürstendamm. Das Video davon ist viral gegangen.
Lara hat viele Reaktionen auf dieses Video bekommen. Ihr wurden dann auch tatsächlich ein paar WG-Zimmer angeboten. Eine Wohnung, die sie ja eigentlich gesucht hatte, war nicht dabei. Sie meint, dass es als Single einfach schwer hat auf dem Berliner Wohnungsmarkt: "Wenn du alleine wohnen möchtest, zahlst du für eine Wohnung mit zwei Zimmern 1.200 € oder so, was ja unfassbar schwer ist zu stemmen für eine Person in einem normalen Job."
Wie kann es mehr bezahlbaren Wohnraum geben?
Es fehlen sehr viele Wohnungen in Deutschland. Laut der Immobilienwirtschaft sind es 800.000. Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung spricht sogar von fast zwei Millionen. Seit Jahren geht es bei Thema wenig voran. Was könnte wirklich helfen, damit es endlich genügend günstige Wohnungen gibt? Dieser Frage ist Deutschlandfunk-Nova-Reporter Marcus Wolf nachgegangen und er sagt: der Staat müsse mehr bauen beziehungsweise städtische oder kommunale Wohnungsbaugesellschaften anweisen zu bauen: "Die Grundvoraussetzung dafür ist aber natürlich, dass man merkt, dass Wohnungen fehlen. Und das wurde eben jahrelang total verschlafen."
"Wenn man sich die Neubauzahlen anguckt, vor allen Dingen in den Jahren 2007 bis 2015, dann gibt es ganz wenig Neubau."
Unserem Reporter zufolge gibt es drei wesentliche Hebel des Staats, um die Rahmenbedingungen für den Neubau zu verbessern:
- Günstigere Kredite
- Grundstücke günstiger verkaufen
- Steueranreize geben
Die Bundesregierung will das Problem angehen, indem sie die Wohngemeinnützigkeit wieder einführt. Heißt: Wohnungsunternehmen verpflichten sich dazu, Wohnraum anzubieten, der deutlich unter den durchschnittlichen Mietpreisen liegt. Und die Unternehmen erhalten dafür Steuererleichterungen.
Mietpreisbremse wirkt nicht
Anderer Punkt: die Mietpreisbremse. Die gibt es seit 2015 und besagt, dass die Miete nicht über zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Aber das Problem ist, dass die Städte das nicht systematisch prüfen, und die Mieterinnen und Mieter selbst aktiv werden müssen erklärt unser Reporter: "Die meisten Leute, die eine Wohnung finden, sind froh, eine zu bekommen, sodass sie nicht direkt gegen den Vermieter vorgehen."
Das Portal Mietenmonitor hat sich beispielsweise mal die Wohnungsinserate in Düsseldorf angeschaut. Ergebnis: Ein Viertel der Inserate von neuen Wohnungen verstößt gegen die Mietpreisbremse – aber kaum jemand setzt sich dagegen zur Wehr.
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- Nazlı hat fast ein Jahr lang eine Wohnung gesucht.
- Lara wird kreativ bei der Wohnungssuche.
- Marcus Wolf: Was tun gegen Wohnraummangel?