Tabakfreie Nikotinbeutel sind in Deutschland verboten. Trotzdem sind sie gerade bei Jüngeren beliebt. Wie problematisch ist die Alternative zu Zigaretten?
Rauchen wird weltweit immer unbeliebter. Die Tabakindustrie sucht deshalb neue Wege, Kunden zu gewinnen. Es gibt schon länger E-Zigaretten und Vapes. Ein Trend in Schweden sind auch Snus-Tabakbeutel.
Nikotin zu sich nehmen, ganz ohne Tabak und Rauch, geht inzwischen aber auch: mit Nikotinkissen. Sie werden in den Mund gesteckt, unter die Oberlippe geklemmt und entfalten dann ihre Wirkung. Ob Beutelchen mit oder ohne Tabak – beide dürfen in Deutschland nicht verkauft werden.
Nikotinbeutel besser als Zigarette – aber trotzdem nicht gesund
Die Nikotinbeutel sind weniger gesundheitsschädlich als Zigaretten, erklärt die Suchttherapeutin Stefanie Bötsch. Denn das Schädliche an der Zigarette seien vor allem die Giftstoffe, die entstehen, wenn man sie anzündet.
Das fällt bei Nikotinbeuteln zwar weg, gesund sind sie aber trotzdem nicht, sagt die Suchttherapeutin, denn auch das Nikotin in den Beuteln macht abhängig: "Man sollte Nikotinprodukte grundsätzlich eher meiden. Aber wenn man jetzt von der Zigarette kommt und nach einer weniger schädlichen Methode sucht, dann wären Nikotinbeutel im Vergleich schon weniger schädlich."
"Nikotin ist der abhängig machende Stoff – sowohl in den Nikotinkissen, als auch in der Zigarette."
Unter einigen Sportlerinnen und Sportlern sind Nikotinkissen inzwischen sehr beliebt. Denn Nikotin kann kurzfristig die Leistungsfähigkeit erhöhen, sagt Stefanie Bötsch. Da Zigaretten aber unter Sportlern tabu sind, greifen einige auf die Beutelchen zurück. Langfristig gesehen greift aber auch das Nikotin in den Kissen den Körper an, so die Suchttherapeutin.
Verschlucken der Nikotinbeutel potentiell tödlich
Besonders gefährlich seien die Nikotinbeutel, weil sie sehr schnell verschluckt werden können. "Damit sind sie potenziell tödlich", sagt Stefanie Bötsch. "Weil diese Nikotinkissen haben teilweise absurde Mengen an Nikotin. Wenn man sie normal konsumiert, kommt zwar nur ein Bruchteil davon an. Aber wenn man sie verschluckt, dann sind sie ja im Körper drin."
"Ich habe schon Nikotinbeutel mit 60 mg Nikotin gesehen. Das heißt, da sind wir sehr schnell – je nach Körpergewicht – bei einer tödlichen Dosis."
Nikotinbeutel in Deutschland wegen Gesundheitsrisiko verboten
Vor dem Jahr 2022 waren Nikotinbeutel in Deutschland noch legal erhältlich. Das lag daran, dass die Beutel keinen Tabak enthalten und somit nicht unter das Tabakgesetz fielen, so Stefanie Bötsch: "Da musste man sich erstmal überlegen, was man mit denen macht."
Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) hatte im Oktober 2022 eine neue gesundheitliche Bewertung für Nikotinbeutel herausgegeben. Nikotinbeutel wurden damals von den Länderbehörden als neuartige Lebensmittel eingestuft und wegen der Überschreitung der akuten Referenzdosis für Nikotin vom Markt genommen.
Suchttherapeutin: Verbot erschwert Jugendschutz
Legal zu bekommen sind die Nikotinkissen in Deutschland also nicht mehr. Es gibt aber Online-Shops, die sie hierher verkaufen. Verbotenerweise werden sie auch aus anderen Ländern eingeschmuggelt.
Stefanie Bötsch sieht das Verbot kritisch: "Sobald eine Substanz nicht mehr legal ist, ist sie auch nicht mehr vom Staat reguliert und dann gibt es auch keinen Jugendschutz mehr."