Yusra Mardini, 20 Jahre alt, ist eine leidenschaftliche Schwimmerin, doch in ihrer Heimat Syrien gab es keine Zukunft für sie. 2015 flüchtet sie mit ihrer Schwester. In ihre Autobiografie "Butterfly" erzählt sie über ihre abenteuerliche Flucht und ihr Leben in Deutschland.
Yusra trainiert in Damaskus in einer Schwimmhalle, bis diese 2015 bombardiert wird. Sie ist 17 Jahre alt und träumt von einem ganz anderen Leben.
"Überall fielen Bomben, und man konnte nirgends hingehen!"
Yusra will mit ihrer älteren Schwester fliehen. Der Vater, voller Sorge, lässt die beiden Mädchen mit einem Verwandten ziehen, der sich auf die Flucht begibt. Die Mutter weint und hat Angst um ihre Töchter.
Schwimmend das Flüchtlingsboot gerettet
Wie viele Geflüchtete nehmen sie den Weg durch die Türkei zur Küste und setzen mit einem Boot nach Lesbos über. Und wie in vielen anderen Fällen auch ist das Schlauchboot viel zu klein – eigentlich für sechs Personen ausgerichtet, aber es sitzen 20 darin.
Kurz vor der griechischen Küste setzt der Motor aus. Yusra, ihre Schwester und zwei Männer springen ins Wasser, halten das Boot und schwimmen mit den Beinen so gut sie können, damit das Boot nicht abdriftet, von der Flut abgetrieben wird. Das Salz brennt auf der Haut. Drei Stunden Angst im Meer unterzugehen. Dann springt glücklicherweise der Motor wieder an. Sie schaffen es bis an die Küste.
Vorurteile ausräumen
Von da ab nehmen sie die Balkanroute bis nach Deutschland. Seitdem lebt Yusra mit ihrer Schwester in Berlin. Inzwischen ist auch der Rest der Familie nachgekommen. Die Profischwimmerin will an ihre sportliche Leistung anknüpfen. Doch anfangs ist es nicht leicht, die Menschen in Deutschland davon zu überzeugen, dass sie was drauf hat.
"Die Leute haben gefragt: Bist Du wirklich Schwimmerin? Habt ihr in Syrien überhaupt Schwimmhallen? Und ich: Hey, wie stellt ihr euch Syrien eigentlich vor? Wir leben da doch nicht in Zelten!"
Yusra hat es geschafft, die Menschen zu überzeugen. Ein halbes Jahr nach ihrer Flucht schwimmt sie bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 und trainiert für die Spiele 2020 in Tokio. Aber nicht allein mit ihren sportlichen Leistungen hat sich Yusra Respekt verschafft. Inzwischen hat sie einflussreiche Persönlichkeiten wie Barack Obama oder den Papst getroffen und ist Good Will Ambassador des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR – derzeit die jüngste.
Yusra will für andere Geflüchtete ein Vorbild sein, denn sie sieht bei vielen, dass es ihnen nicht gelingt, die Chance, die sich ihnen in Deutschland bieten, zu nutzen.
"Was ich hier so traurig finde, ist, dass Menschen oft gar nicht an ihre Träume glauben. Man hat hier so viele Möglichkeiten, so viele Chancen, aber ich habe manchmal den Eindruck, viele Menschen schätzen das gar nicht."
Sie hat ihre Geschichte aufgeschrieben und veröffentlicht - vielleicht auch, um anderen Geflüchteten zu zeigen, welche Möglichkeiten sie nutzen können. Sogar Hollywood hat schon Interesse angemeldet, ihre Lebensgeschichte zu verfilmen.
"Ich denke gar nicht so sehr darüber nach, was ich alles vermissen könnte, sondern ich schätze das Leben, das ich habe."
"Butterfly. Das Mädchen, das ein Flüchtlingsboot rettete und Olympia-Schwimmerin wurde" von Yusra Mardini, erschienen Mai 2018 bei Droemer Knaur, 360 Seiten.
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