Der israelische Satiriker Shahak Shapira hat Selfies, die am Holocaustdenkmal in Berlin aufgenommen wurden, mit Bildern aus Konzentrationslagern zusammengeschnitten. Er will damit zum Nachdenken anregen.
Shahak Shapira hatte die Aktion mit dem Titel "Yolocaust" schon länger geplant. Und dann kam der AfD-Politiker Björn Höcke mit seiner Rede in Dresden, in der er das Holocaustmahnmal thematisiert ("Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk auf der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz der Hauptstadt gepflanzt hat."). Während ganz Deutschland heiß über Höckes Aussagen diskutierte, freute sich Shapira, denn die Rede ist wie gemacht, um Aufmerksamkeit für seine Instagram-Aktion zu bekommen. Shapira sagt: "Das war natürlich die Cherry on top."
Shahak Shapira hat auf Instagram Selfies zusammengesucht, auf denen Menschen sich vor der Kulisse des Holocaustmahnmals fotografieren - im Handstand an eine Stehle gelehnt, fläzend oder in Yogapose auf einer der Betonstehlen, die an die ermordeten Juden in Europa während des Zweiten Weltkriegs erinnern.
"Wenn Du da ein Profil-Foto für Tinder machst, für dein nächstes Bumsdate - das mit 'nem Foto am Holocaustdenkmal zu akquirieren. Schwierig!"
Mit der Aktion Yolocaust wollte Shahak Shapira zunächst einmal nur die Diskussion anheizen. Und das hat geklappt. Viele Leute kommentieren seine Instagram-Bilder und sagen, dass sie selbst schon Selfies gemacht haben und jetzt ganz anders darüber nachdenken.
"Das finde ich wichtig, dass sie sich Gedanken machen. Wenn sie sich trotzdem dazu entscheiden, ein Selfie zu machen, dann ist das immer noch besser, als wenn das so unüberlegt geschieht."
Shahak Shapira findet nicht jedes Selfie unangebracht, nur manche Fotos, die dort gemacht werden, zum Beispiel wenn jemand dort einen Handstand macht oder sich zum Jonglieren auf eine der Stehlen stellt.
Der Architekt Peter Eisenmann war sich schon vor der Konstruktion darüber im Klaren, dass dort Leute picknicken würden, sich auf die Stehlen setzen und vielleicht auch Fangen spielen. Shahak Shapira weiß aber auch, dass bestimmte Dinge am Holocaustmahnmal schlicht und einfach verboten sind: "Es ist verboten, da mit dem Fahrrad zu fahren oder zu springen."
Wenn jemand ein Foto bei Instagram hochlädt, dass eine Person zeigt, die auf den Stehlen herum springt, und dann dazu schreibt: "Jumping on Dead Jew on Holocaust Memorial" - dann findet Shapira das nicht so lustig. Er sagt: "Dann braucht du dich nicht zu wundern, wenn Leute wie ich kommen und was Neues draus machen."
"Der Schockfaktor entsteht aus den Posen, die die Leute da für angemessen halten."
Shahak hat inzwischen auch ein Foto aus seiner bearbeiteten Strecke genommen, weil sich ein Mensch bei ihm gemeldet und darum gebeten hat. Er hat gesagt, dass er die Message verstanden hat. Insgesamt hat Shahak viel Zuspruch bekommen. Zum Beispiel von Mitarbeitern der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel oder von Lehrern, die gefragt haben, ob sie das Projekt in ihren Unterricht aufnehmen dürfen. Es gibt auch böse Menschen, die ihm neue Fotos schicken - von Freunden und Bekannten: "Das finde ich gemein und sehr lustig!"