Nicht unbedingt leichtfertig, aber einfach mal den Job hinschmeißen, weil man unzufrieden ist. Das haben viele Menschen im Frühjahr 2021 getan. Nur: Mehr Freizeit macht nicht unbedingt glücklicher, hat eine Studie festgestellt.

In den USA, Großbritannien und Deutschland gab es im Frühjahr 2021 eine große Kündigungswelle. Deutlich mehr Menschen haben ihren Job gekündigt als im Zeitraum vor Beginn der Pandemie.

"The great resignation" wird dieses Phänomen populärwissenschaftlich genannt. Der Begriff "resignation" hat mehrere Bedeutungen: Kündigung, Rücktritt, Ausschneiden und Resignation und passt daher besonders gut.

Viele Pflichten, wenig Ausgleich

Homeoffice, Kinderbetreuung, Homeschooling, das Zusammenleben mit einem Partner auf wenigen Quadratmetern im Lockdown, die soziale Distanz und das fehlende Kulturangebot waren für viele von uns psychisch belastend.

Diese mehrfache Belastung hat möglicherweise bei einigen dazu geführt, dass sie ihre Wünsche, Ziele und Prioritäten im Leben hinterfragt haben.

"Diese Situation hat viele Leute dazu gebracht, ihre Work-Life-Balance zu hinterfragen – und vielleicht zu entscheiden, weniger oder anders zu arbeiten."
Aglaia Dane, Deutschlandfunk Nova

Wer viel Stress auf der Arbeit hat und zudem noch eine Familie versorgen muss, fühlt sich möglicherweise oft erschöpft. Einige von uns wünschen sich dann eine Auszeit: einen Urlaub, ein Sabbatical oder einfach mal für ein paar Wochen oder Monate nicht arbeiten zu müssen.

Ein Wunsch, der nachvollziehbar ist, aber eine aktuelle Studie aus den USA hat gezeigt, dass mehr Freizeit nicht gleichzeitig mehr Glück bedeutet. Dafür wurden die Daten von rund 30.000 Personen ausgewertet. Denn das Prinzip funktioniert nur bis zu einem bestimmten Grad.

Zu viel Freizeit ist auch nicht gut

In dieser Studie wurde nachgewiesen, dass es eine optimale Balance gibt. Die reicht von zwei bis fünf Stunden Freizeit pro Tag. Bei weniger Zeit zur Muße sank die Zufriedenheit der Befragten deutlich, bei mehr Freizeit aber auch – und das unabhängig von anderen Einflüssen wie Alter, Geschlecht und Bildungsstand.

Ein Ansatz, der erklären könnte, wieso pensionierte Menschen sich einen Gelegenheitsjob oder eine andere bezahlte oder unbezahlte Beschäftigung suchen. Oder auch: Weshalb der eine oder andere Lottogewinner weiterhin in seinem alten Job arbeitet, obwohl er oder sie es nicht mehr müsste.

Viele von uns befriedigt das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun oder einen Beitrag zur Gemeinschaft zu leisten.

Verschiedene Formen des Glück

Denn wenn der Job nicht als stressig oder anstrengend empfunden wird, sondern uns die gewünschte Betätigung bringt, dann trägt er mit zu unserem Wohlbefinden und Glücksgefühl bei.

Von eudaimonischem Glück spricht die britische Pschologin Lis Ku in diesem Zusammenhang. Ein Konzept, das auf den griechischen Philosophen Aristoteles zurückgeht.

Lis Ku sagt, dass gut zu funktionieren, seine Potenziale auszuschöpfen, sich zu engagieren und zu helfen, wichtige Ressource für langfristige Zufriedenheit sein können. Und diese Art von Glück können wir auch durch unseren täglichen Job erlangen.

Einfach genießen oder neue Erfahrungen sammeln

Des Weiteren unterscheidet Lis Ku noch die Dimensionen hedonistisches Glück und Erfahrungsglück. Ersteres steht für Genuss: etwas Leckeres essen, schöne Dinge kaufen oder eine heiße Badewanne zu genießen.

Einige Menschen haben den Grundsatz, Erlebnisse und Erfahrungen statt Dinge anzuhäufen. Sie verfolgen nach Lis Kus Ansatz den Weg des Erfahrungsglücks. Die britische Psychologin bezeichnet es als eine relativ neue dritte Dimension von Wohlbefinden.

Zugrunde liegt dieser Form des Glücks möglichst viele Erfahrungen zu sammeln, neue Dinge zu sehen, etwas zu lernen und verschiedene Gefühlszustände bewusst zu erleben.

Shownotes
Work-Life-Balance
Weniger Arbeit, mehr Glück - so einfach ist es nicht
vom 27. September 2021
Moderatorin: 
Tina Howard
Gesprächspartnerin: 
Aglaia Dane, Deutschlandfunk Nova