Schärfere Kontaktbeschränkungen, geschlossene Geschäfte – die Politiker haben in letzter Zeit wieder viele negative Botschaften für die Menschen. Wie erfolgreich sie in der Krise kommunizieren, analysiert Politologe Moritz Kirchner. Er plädiert für mehr Empathie.
"Wir tun es nicht, weil wir es wollen, sondern weil wir es müssen, und zwar aus Verantwortung für die Menschen und für das ganze Land." Mit diesen Worten begründet Markus Söder den verschärften Lockdown vor Weihnachten. Dabei klingt es ein bisschen, als ob er und die Politiker selbst nichts für die Maßnahmen können, die sie erlassen haben. Moritz Kirchner, Politikwissenschaftler und Psychologe, findet Markus Söders Aussage in mehrfacher Hinsicht problematisch.
Zunächst ist er der Meinung, Markus Söder hätte sich ganz einfach entschuldigen können. Schließlich sei eine Entschuldigung kein Ausdruck von Schwäche, sondern von Souveränität. "Es wäre ganz wichtig gewesen zu sagen: Wir haben gedacht, dass die bisherigen Maßnahmen reichen, das haben sie aber nicht getan", sagt der Politikwissenschaftler.
Politik stellt Corona-Maßnahmen als alternativlos dar
Ein weiterer Kritikpunkt ist für Moritz Kirchner, dass die Maßnahmen als alternativlos dargestellt werden. Das löse bei Menschen automatisch Widerwillen aus. Und für diejenigen, die den Politikern sowieso nicht glauben, wie etwa die Corona-Skeptiker, sei das ein gefundenes Fressen.
Laut Moritz Kirchner gäbe es eine andere Option, nämlich klar zu sagen: Natürlich könnten wir alles wie gehabt laufen lassen. Aber das tun wir nicht, weil wir nicht bereit sind, Menschenleben und Gesundheit zu opfern. Und genau deswegen wählen wir jetzt diesen Weg.
Bedeutung von Verständnis, Empathie und Erklärungen
Schließlich müsse die Politik verständlich machen, warum sie sich für bestimmte Maßnahmen entschieden hat, wie zum Beispiel das Böllerverbot oder warum der Lockdown zunächst bis zum 10. Januar dauern soll. Wichtig sei dabei auch, zugeben zu können, was man falsch eingeschätzt hat oder welche neuen Erkenntnisse man heute hat. Das mache die Maßnahmen nachvollziehbarer. Vor allem müsse aber das eigentliche Ziel dahinter immer wieder vor Augen geführt werden: der Schutz von Menschenleben und ein möglichst schnelles Ende der Maßnahmen auf verantwortliche Art und Weise.
"Die Politik muss zeigen, dass sie verstanden hat: Schon der Teil-Lockdown war für viele Leute beschwerlich und ab Mitte Dezember wird es für die Menschen noch mal härter."
Die unterschiedlichen Politiker sollten sich laut Moritz Kirchner je nach Aufgabe und Rolle gegenseitig unterstützen. So könnte die Bundeskanzlerin die Maßnahmen begründen, der Bundespräsident könnte auf das Grundsätzliche schauen und Empathie zeigen. Letzteres tue er aber schon durchaus, so Moritz Kirchner.
"Ich bin sicher, die Verantwortung, die Lasten, die wir jetzt tragen, sind nicht vergeblich. Sie bringen uns dem Ende der Pandemie näher."
Und trotzdem, meint Moritz Kirchner, bergen Sätze, in denen Menschen Perspektiven aufgezeigt werden, eine Gefahr: Wenn die Pandemie nächsten Herbst nicht gebannt ist, könnten Frank-Walter Steinmeier solche Sätze auf die Füße fallen. Und spätestens dann könnte wieder deutlich werden, wie wichtig eine klare Kommunikation und konstruktive Fehlerkultur sind.
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