Emma Watson hat zu bedenken gegeben, dass sie zwar Feministin, aber eben eine "weiße Feministin" ist. Es habe bei ihr etwas gedauert, bis sie verstanden habe, dass Hautfarbe, Geschlecht und gesellschaftliche Herkunft einer Person durchaus großen Einfluss darauf haben, wie wir die Welt sehen. Sie trägt damit zur "White Privilege"-Debatte bei.
Emma Watson hat damit in den USA einen ziemlich wichtigen Punkt in der Diskussion um "Critical Whiteness" angesprochen. Diese Diskussion wird schon seit einiger Zeit in den USA geführt. Der Feminismusbegriff wird dort inzwischen viel weiter gefasst als bei uns. Mit "Critical Whiteness" ist gemeint, dass "Weiße" und "Schwarze" ganz unterschiedliche Erfahrungen machen in einer von "Weißen" dominierten Gesellschaft.
"Als ich gehört habe, dass man mich eine "weiße Feministin" nannte, habe ich es nicht verstanden. Warum muss man mich - oder irgendjemand anderen - als Feministin mit irgendeiner Ethnie definieren?"
Die Schauspielerin setzt sich schon länger für Themen wie Feminismus und Gleichberechtigung ein. Von Anfang an wurde ihr dabei häufig vorgeworfen, dass sie aber eben eine weiße Feministin sei und damit auch eine sehr bestimmte Perspektive auf Probleme und auf feministische Themen habe. Unter dem Stichwort "Critical Whiteness" wird heftig darum gerungen, wie unbewusste Privilegien der Weißen bewusst gemacht und aufgebrochen werden.
Fragen die sich stellen: Kann eine weiße Feministin Statements abgeben, die für muslimische, für übergewichtige oder schwarze Feministinnen gleichermaßen gelten?
Ein Begriff, der in diesem Zusammenhang oft fällt, ist "Intersektionalität". Damit ist gemeint, dass wir uns nicht nur mit der Diskriminierung der Frau an sich auseinandersetzen müssen, sondern auch differenzieren und anerkennen müssen, dass zum Beispiel Emma Watson - eine junge weiße Schauspielerin - wahrscheinlich andere Erfahrungen macht, als Kolleginnen, die eine dunkle Hautfarbe haben oder als Frauen, die behindert sind oder aus armen Verhältnissen kommen.
Für einen inklusiven Feminismus
Emilia Roig vom Center for Intersectional Justice sagt: "Wenn eine türkische Frau mit Kopftuch oder eine schwarze Frau für alle Frauen sprechen könnte oder als Stimme für alle angesehen würde, dann hätten wir den intersektionalen Feminismus vorangetrieben. Das Problem ist, dass die einzigen Stimmen bisher, die als universal gelten, Stimmen von archetypischen Frauen sind." Damit ist gemeint, dass die Frauen, die als Stimme für eine größere Gruppe gelten, vor allem weiß sind. Sie kommen vorwiegend aus der Mittel- oder Oberschicht, sind zumeist heterosexuell und ohne Behinderung. "Und das soll sich ändern", sagt Emilia Roig.
Sie und ihre Mitstreiterinnen finden auch, dass Zusatzinfos wie zum Beispiel "die muslimische Feministin" oder "die schwarze Feministin" verschwinden sollten. Denn es heißt ja auch nie: Die "weiße Schauspielerin" setzt sich für die Rechte von Frauen ein. Und genau das ist eben der Punkt, warum Emma Watson in den USA als "White Feminist" bezeichnet wird, und den sie jetzt eben auch selber bestätigt hat.
"Auf welche Art und Weise habe ich davon profitiert, weiß zu sein? Auf welche Art und Weise trage ich dazu bei, ein strukturell rassistisches System aufrechtzuerhalten?"
Zu Alice Schwarzers Hochzeiten in den 70er Jahren ging es zunächst nur darum, der Frau überhaupt Gehör zu verschaffen und sie als gleichberechtigt ins Bewusstsein der Gesellschaft zu heben. Inzwischen sind wir etas weiter. Das heißt aber natürlich noch lange nicht, das wir damit am Ziel angekommen sind.
Der Feminismus ist noch nicht am Ziel
Emilia Roig setzt sich in ihrer Arbeit für einen Paradigmenwechsel im Bereich Gleichstellungs- und Anti-Diskriminierungsarbeit in Europa ein -und eben für eine intersektionale Perspektive. Sie ist da sehr zuversichtlich. Auch hat sie ein paar Anhaltspunkte, wie wir uns selber überprüfen können, ob wir gerade wirklich im Sinne dieser intersektionalen Perspektive handeln:
- Bin ich mir sicher, dass die Stimmen der Betroffenen mitgedacht sind? Dass sie gehört wurden?
- Und, wenn es Feministinnen sind, die sich öffentlich äußern, können die sich fragen: Gibt es einen andere Person, die in einer besseren Position ist, um über diese Themen zu sprechen?
- Ist hier die Vielfalt der Frauen auch wirklich abgebildet?
Emilia Roig sagt, am Ende sei es auch eine Egofrage: "Diene ich einer Bewegung oder ist das nur eine persönliche Agenda?" Und genau diesen Fragen hat Emma Watson sich jetzt auch gestellt und ist zu dem Schluss gekommen, dass sie eben nicht für alle Frauen sprechen kann und möchte die weitere Diskussion über diese Themen vorantreiben.
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