Der neue Firefox hat in den USA ungefragt ein Werbe-Add-on installiert. Die User empfinden das als Eingriff in ihre Privatsphäre.
Firefox, der Browser von Mozilla ist für viele noch immer der sympathische Indiebrowser, der sich irgendwie mit besserem Gewissen nutzen lässt als etwa der kommerzielle Konkurrent Google Chrome. Doch Mozilla ist gerade dabei, dieses Image zu verspielen: Die Mozilla Foundation hat einfach heimlich ein Werbe-Ad-on einer Fernsehserie installiert.
Das Add-on namens "Looking Glass" war ursprünglich als eine Art Marketingaktion für die neue Staffel der Fernsehserie "Mr. Robot" gedacht. In dieser Serie geht es um Hacking und um eine große Weltverschwörung. "Looking Glass" ist ein Alternate Reality Game zur Serie.
"Fun Fact: In dem Spiel geht es darum, das Bewusstsein für Sicherheit und Datenschutz zu verbessern."
Genau dieses Spiel machte sich bei einigen Usern in den USA jetzt ungefragt bemerkbar: Plötzlich poppte in ihrem Browser ein mysteriöser Satz auf: "Meine Realität ist anders als deine" – ohne jede Erklärung. Wer den Satz anklickte, landete anschließend beim Browser-Spiel von "Mr. Robot".
Keine Zustimmung der Nutzer
Das Problem dabei war nur: Mozilla hatte dieses Marketing-Add-on ohne Zustimmung der Nutzer installiert. Und das hatte Folgen:
"Viele der betroffenen Firefox-User hatten keine Ahnung, was mit ihrem Rechner los ist. Sie dachten, sie seien selbst Opfer einer Hacking-Attacke geworden."
Einer schrieb bei Reddit: "Ich habe keine Ahnung, was das ist oder wo es hergekommen ist. Ich bin ein bisschen ausgetickt und habe es sofort deinstalliert."
Marketing, das nach hinten losgeht
Die User waren richtig sauer, der Firefox-Thread bei Reddit ist ziemlich explodiert. Vor allem auch deshalb, erklärt Netzreporterin Martina Schulte, weil ja gerade Mozilla immer wieder betont, wie sensibel sie mit den persönlichen Daten der Nutzer umgehen – im Gegensatz zu Google, Microsoft und Co.
Von Mozilla, einer unabhängigen Stiftung, die sich für Datenschutz stark macht, hätte man das nicht erwartet. "Das hätten sie besser wissen müssen", kommentiert daher auch der Sicherheitsforscher und Datenschutzexperte Bruce Schneier.
"Der Vorfall zeigt, wie viel Kontrolle Softwareanbieter unter Umständen über die Produkte haben, die auf den Systemen ihrer Nutzer installiert sind", kommentiert das Techblog ZDnet. "Das gilt auch für Unternehmen, denen eigentlich aufgrund ihres Engagements für ein offenes und unabhängiges Internet eine Vorbildfunktion unterstellt wird."
Aktion ist inzwischen beendet
Mozilla selbst hat die Aktion mittlerweile gestoppt und gibt sich auf der Firmenwebseite etwas blauäugig:
- "Mr. Robot" behandele ja die Themen Datenschutz und Sicherheit, die auch zu den zehn Grundprinzipien von Mozilla gehörten
- "Je mehr die Menschen über die Informationen wissen, die sie online preisgeben, desto besser können sie ihre Privatsphäre schützen"
- Für die Zusammenarbeit habe Mozilla auch kein Geld bekommen und deswegen habe man sich dabei auch nichts weiter gedacht
"Das ist unfassbar naiv von Mozilla, einer Non-Profit-Organisation, die sich für ein offenes und freies Internet sowie gegen Überwachung einsetzt."
Außerdem ist es ein denkbar schlechter Zeitpunkt, denn gerade erst hatte Mozilla den Firefox-Browser vollkommen überholt. Er war gegenüber Chrome ins Hintertreffen geraten. Mit dem "Quantum" hatte Mozilla endlich wieder ein konkurrenzfähiges Produkt präsentiert: In nur einem Monat war der Browser auf über 170 Millionen Geräten installiert worden.