Zwei Astronauten sollten im Juni für acht Tage ins All reisen und müssen jetzt wegen technischer Probleme bis Februar bleiben. Das erfordert viel Anpassungsfähigkeit. Gewisse Strategien für Notfallsituationen lassen sich auch in unseren Alltag übertragen, weiß die Psychotherapeutin Alexandra de Carvalho.

Stell dir vor, du sollst acht Tage an einem anderen Ort arbeiten und plötzlich werden daraus mehrere Monate. So ergeht es Suni Williams und Barry Wilmore. Wegen anhaltender technischer Probleme mit Boeings "Starliner" werden die beiden NASA-Astronauten voraussichtlich erst im Februar von der Internationalen Raumstation (ISS) abgeholt.

Mit Veränderungen umgehen können

"Manchmal passiert es eben anders, als wir es uns vorgestellt haben", beschreibt die psychologische Psychotherapeutin Alexandra de Carvalho plötzliche Änderungen in einem Ablauf. Diese können bei einem Arbeitsprojekt, einer Reise oder in der Freizeitplanung auftreten. Wichtig ist, wie wir damit dann umgehen.

"Manchmal passiert es eben anders, als wir es uns vorgestellt haben.“
Psychotherapeutin Alexandra de Carvalho

Die beiden Astronauten passen sich ihrer Extremsituation an und werden in den kommenden Monaten in Experimente der ISS eingebunden. Und auch wir müssen uns fragen, welche Optionen uns offenstehen, mit dem veränderten Ablauf umzugehen und es vielleicht sogar sinnvoll zu nutzen.

Die Astronauten Butch Wilmore und Suni Williams
© picture alliance / abaca | ABACA
Butch Wilmore und Suni Williams müssen deutlich länger im All bleiben als geplant. Was können wir von ihnen lernen?

Auch bei dem Thema Einsamkeit lohnt sich ein Blick in den Weltraum. Trotz der wenigen Menschen um sie herum berichten nur wenige Astronauten davon, sich einsam zu fühlen. Denn laut Alexandra de Carvalho gehe nicht darum, "wie viele Menschen uns umgeben, sondern wie emotional nah wir diesen Menschen stehen". Die Psychotherapeutin hat ein Buch darüber geschrieben über neue Methoden aus der Weltraumpsychologie.

Wichtig ist, dass wir uns auch mit Problemen an die Menschen in unserem Umkreis wenden können. Die Anzahl spiele für Einsamkeit keine Rolle.

Alle brauchen Rückzugsmöglichkeiten

Astronauten sind außerdem ein gutes Beispiel für den sogenannten Dichte-Stress. Das ist Stress, der entsteht, wenn wir uns auf die Pelle gerückt fühlen. Egal, wie gern man sich hat: In jeder Beziehung brauchen wir unseren Freiraum. Das gilt insbesondere für geteilte Lebensräume.

Klare Regeln helfen

Gemeinsames Zusammenleben sollten wir strukturieren und gemeinsame Regeln aufstellen, die für alle klar sind. Das gilt für Putzpläne, Beschriftungen im Kühlschrank und für das Leben der beiden Astronauten auf der ISS für die nächsten acht Monate, erklärt Alexandra de Carvalho.

Letztendlich unterscheiden sich die Probleme im All also gar nicht nicht allzu sehr von den Schwierigkeiten im Alltag auf der Erde.

Shownotes
Weltraumpsychologie
Welche Strategien wir uns von Astronauten abschauen können
vom 01. September 2024