Während auf der aktuellen Welt-Aids-Konferenz eine Spritze gegen die Ausbreitung der HIV-Infektion im Körper vorgestellt wird, kritisiert die Deutsche Aidshilfe: Medikamente gibt es schon lange. Das Problem ist, dass zu wenige Menschen Zugang zu ihnen haben.
Es ist eine Epidemie, von der viele gar nicht wissen, dass es eine ist: die sogenannte Aids-Epidemie. Weltweit haben sich rund 39 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert. Ursprünglich wollten die UN die Epidemie bis 2030 beendet haben. Inzwischen wurde das Ziel heruntergeschraubt: Jährlich soll die Zahl der Aids-Toten weltweit auf 200.000 gesenkt werden.
Kampf gegen Aids ist auch ein Kampf gegen Diskriminierung
Dabei könnten wir auch das zuerst gesetzte Ziel ohne Probleme erreichen, sagt Holger Wicht von der Deutschen Aidshilfe. Denn Medikamente, die nicht nur ein Überleben mit HIV möglich machen, sondern sogar ein ganz normales Leben ermöglichen, gibt es schon lange.
"Niemand müsste heute mehr an Aids erkranken, wenn die HIV-Infektion rechtzeitig erkannt wird. Medikamente gibt es schon lange."
Heilen könne man Menschen von HIV hingegen in der Regel nicht, erklärt Holger Wicht. Bei dem Bericht über eine Heilung, wie sie in der Charité Berlin gelungen ist, war es so, dass die betroffene Person gleichzeitig an Krebs erkrankt und mit dem HI-Virus infiziert war. Die Person hatte deswegen eine Stammzellentransplantation bekommen. So eine komplizierte und riskante Methode stehe Menschen, die "nur" mit HIV infiziert sind, nicht zur Verfügung.
In der Regel können Menschen mit HIV – wenn deren Infektion frühzeitig erkannt wird – mit Medikamenten viel bewirken. Entsprechende Medikamente verhindern, dass das Virus sich im Körper weiter vermehrt. Holger Wicht erklärt, dass die Infizierten dann gesund bleiben und ein Leben wie alle anderen auch führen können.
Auf der nun beginnenden Welt-Aids-Konferenz in München wird dieses Medikament in Injektionsform vorgestellt, sagt Holger Wicht. Der Vorteil: Man wird es, wenn es irgendwann zugelassen ist, nur einmal im halben Jahr gespritzt bekommen. Allerdings werde man die Spritzen wie die Tabletten auch ein Leben lang nehmen müssen.
Diskriminierende Politik bedingt Pandemie
Was die Behandlung angeht, sind es also gute und immer besser werdende Nachrichten. Leider hapert es an etwas Essenziellem: der Umsetzung, sagt Holger Wicht. Denn es sei nicht genug Geld da, um die Medikamente allen, die sie brauchen, zugänglich zu machen. Womöglich fehle vor allem der politische Wille. Denn der ist, so Holger Wicht, die Voraussetzung, damit mehr Geld zur Verfügung gestellt wird. Holger Wicht betont, dass eine Kursänderung nötig ist, vor allem auch deswegen, weil die Infektionszahlen steigen.
"Weltweit hat ein Viertel der Menschen mit HIV keinen Zugang zu Medikamenten, die ein ganz normales Leben ermöglichen."
Denn neben der Frage nach verfügbaren Medikamenten gibt es noch einen weiteren Faktor, der beim Umgang mit der Diagnose und Behandlung von HIV eine enorme Rolle spielt: Präventionsprogramme. Holger Wicht verweist auf Länder, in denen queere Menschen diskriminiert oder schlimmer noch Homosexualität sogar unter Strafe gestellt ist, wie etwa in Uganda.
Kommt Verfolgung ins Spiel, ist eine wirkungsvolle Prävention eigentlich nicht existent, sagt Holger Wicht und berichtet von Ärtz*innen in Uganda, die zum Teil Angst haben, Menschen mit HIV zu behandeln, um sich nicht der Beihilfe zur Homosexualität schuldig zu machen. Holger Wicht findet für die Ausbreitung des HI-Virus in solchen Ländern daher zugespitzte Worte, er nennt sie "organisierte Epidemie-Treiber-Programme".