Ihr wollt ein ausgefallenes Weihnachtsgeschenk? Wie wäre es mit einem Gutschein für Ahnenforschung? Dann dürft ihr aber nicht allzu präzise Ergebnisse erwarten und es mit dem Datenschutz nicht so genau nehmen.
Die Vorstellung ist schon reizvoll: Einmal ein bisschen Spucke auf ein Wattestäbchen, und zack haben wir unsere komplette Ahnengeschichte aufgelistet. Ganz so ist es leider nicht - oder zum Glück? Denn für so eine ausführliche Liste bräuchten die Institute, die Ahnenforschung anbieten, Daten von uns allen.
Kein großer Treffer bei Michael Stang
Wer dieses Jahr zu Weihnachten einen Ahnentest verschenken will - bei 23andme zum Beispiel - sollte idealerweise viel Verwandtschaft in Nordamerika haben. Dort leben nämlich die meisten der rund fünf Millionen Kunden der Google-Tochter. Mit deren Daten können wir unsere DNA also abgleichen lassen.
Wissenschaftsjournalist Michael Stang hat solch einen Test im Jahr 2013 gemacht. Bis heute, sagt er, werden die Daten ständig aktualisiert. Aber einen wirklich großen Treffer hatte er nicht dabei. Die höchste Übereinstimmung der Erbguts hatte er mit einer US-Amerikanerin, mit der er 1,83 Prozent seiner DNA teile - sie ist also eine Cousine zweiten oder dritten Grades.
Werbung verspricht Infos über Herkunft
Derzeit erreicht uns viel Werbung von Ahnenforschungs-Instituten wie 23andme, MyHeritage oder AncestryDNA. Zielgruppe sind alle, die ein Weihnachtsgeschenk suchen. Bei Youtube heißt es beispielsweise: Schenken sie ihrer Familie und ihren Freunden die moderne und sichere DNA-Technologie.
"Der einfachste Weg, ihre Familiengeschichte zu entdecken: Überraschen sie ihre Liebsten mit ihrer Herkunft und Familienmitgliedern, die sie bisher nicht kannten."
Michael Stang vermutet, dass er mit dem Moderator im Studio enger verwandt ist als mit allen knapp 1000 Menschen, die in seiner Ahnenanalyse auftauchen - meist mit einer Null vor dem Komma. Aufschlussreiches war nach seinem Gentest nicht dabei.
"Stünde da jetzt mal 25 Prozent, dann könnte das eine Halbschwester oder ein Halbbruder sein. Aber bei den meisten ist das eine dünne Suppe."
Viele versprechen sich bessere Ergebnisse bei Firmen, die zusätzlich zur Genanalyse noch Sammlungen historischer Dokumente mit einbeziehen - beispielsweise Daten von Volkszählungen, oder das Tauf- und Sterberegister. Aber auch hier, sagt der Wissenschaftsjournalist, wird es wieder schwammig. In England nenne man das genetische Astrologie, weil man sich irgendetwas aus den Daten raussuchen kann, irgendeine Person, und da dann eine Geschichte drum herum konstruieren kann. Letztlich, so Michael Stang, stammen wohl die meisten von den Wikingern ab, oder von einem Bauern aus der Eifel.
Unsere Daten sind für andere Wirtschaftszweige interessant - die Pharmaindustrie zum Beispiel
Der Preis für die Auflistung diverser Verwandschaftsverhältnisse sind unsere Daten. Die geben wir massenweise ab - und natürlich werden sie gespeichert. Unsere Daten sind für die Firmen Kapital. Erst im Sommer wurde bekannt, dass sich der Pharmariese GlaxoSmithKline für vier Jahre den Zugang zu den Daten der Googletochter 23andme gesichert hat. Das war dem Pharmaunternehmen 300 Millionen Dollar wert.
Dass mit unseren Daten Geschäfte gemacht werden, sollten wir also auf dem Schirm haben, wenn wir Ahnenforschung für uns selbst erwägen oder sogar anderen schenken wollen. In Deutschland sehen wir das traditionell eher skeptisch, doch in den USA sei das ganz anders, sagt Michael Stang. Er kenne Wissenschaftler, die ihre ganze Familie bei solchen Firmen haben testen lassen.
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