Zu Weihnachten hat es in der CDU noch einmal kräftig gerappelt. Auslöser dafür ist eine Weihnachtsbotschaft vom CDU-Landrat Udo Witschas aus Bautzen in Sachsen. Die Botschaft feuert eine bereits existierende Debatte an, in der es um die Nähe der CDU zur AfD geht.
Udo Witschas hatte in einem auf Facebook geteilten Video gesagt, dass Geflüchtete in seinem Landkreis weder in Turnhallen noch in dezentralen Unterkünften untergebracht werden sollten. "Es ist nicht unsere Absicht, den Sport, ob nun den Schul- oder Freizeitsport, jetzt für diese Asylpolitik bluten zu lassen", sagte er. Die Botschaft und die darauf sehr unterschiedlichen Reaktionen aus der CDU zeigen, dass es Differenzen innerhalb der Partei gibt.
Eric Linhart, Professor für politisches System an der TU Chemnitz, ordnet diese Differenzen für uns ein. Er sagt, auch wenn die Botschaft von Udo Witschas auf kommunaler Politikebene spiele, sei sie relevant für die CDU auf Bundesebene. Vor allem, weil es in der Aussage nicht um Lappalien ginge, sondern um eine Grundhaltung zur Flüchtlingspolitik. Und das treffe den Kern, was die CDU als christliche Partei ausmache oder auch nicht.
"Da streitet man nicht, ob eine Landstraße in die eine oder andere Richtung laufen soll, sondern es geht wirklich um Werte, um den Kern, was die CDU als christliche Partei noch ausmachen soll und was nicht."
Parteichef Friedrich Merz hat sich von Udo Witschas Aussagen distanziert. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hingegen stärkte dem Landrat aus Bautzen den Rücken.
Frage nach der Ausrichtung der Partei
Insgesamt habe die CDU in Sachsen eine spezielle Rolle, denn sie wird als weiter rechts eingeordnet als viele andere Landesverbände. "Die Sorge ist, dass es nicht nur um diesen einzelnen Landrat geht, sondern dass das, was Landrat Witschas in Bautzen sagt, eben schon stellvertretend ist für eine Mehrheit oder zumindest große Teile in der CDU in ganz Sachsen. Wir reden dann eben nicht mehr nur über einen Kreis, sondern über einen ganzen Landesverband", sagt Eric Linhart. Diese unterschiedlichen Ausrichtungen nach rechts könnten zu inhaltlichen Konflikten – auch auf Bundesebene – führen.
"In der Tat ist bekannt, dass die CDU in Sachsen deutlich weiter rechts steht als andere CDU-Landesverbände. Und das kann natürlich immer wieder zu inhaltlichen Konflikten, auch mit der Bundespartei führen."
Eine Recherche des Wissenschaftlers Steven Hummel hat gezeigt, dass es seit 2019 in Sachsen mindestens 21 Kooperationen zwischen der AfD und der CDU auf kommunaler Ebene gegeben hat – auch in Bautzen.
Brandmauer zwischen CDU und AfD verschwunden
Parteichef Friedrich Merz hat immer von "einer Brandmauer zwischen der CDU und der AfD" gesprochen. Deshalb sind solche Kooperationen zwischen CDU und AfD oder auch die Aussagen von Udo Witschas problematisch. "Diese Kooperationen zeigen ganz klar, dass es diese Brandmauer schon lange nicht mehr gibt", sagt Eric Linhart.
Vor allem aber auch die Tatsache, dass es – auch nach dem Aufdecken von Kooperationen – keine Konsequenzen für die Beteiligten gegeben habe. "Es wird weitergemacht. Es ist nicht so, dass man hier ein Parteiausschlussverfahren anstrengen oder Personen nicht mehr für Ämter aufstellen würde. Das heißt, es ist in Sachsen schon etwas relativ normales", so Linhart.
"Merz hat in der Tat ein Glaubwürdigkeitsproblem mit seiner Brandmauer-Aussage."
Dass ein Parteichef von der Bundeseben aus nicht bis in die Kommunen hinein durchregieren und seine Linie durchziehen könne, das sei in unserem politischen System durchaus so gewollt und habe mit demokratischen Strukturen zu tun. "Aber es ist schon ein Problem, wenn Teile einer Partei ganz offenbar gegen die gemeinsame Linie verstoßen", sagt der Politikwissenschaftler.
Eric Linhart geht nicht davon aus, dass es demnächst auf Landesebene Kooperationen zwischen der CDU und der AfD geben könnte. "Die Frage ist natürlich da, wenn insbesondere in den Kommunen und auf Kreisebene sich so etwas wie eine Zusammenarbeit etabliert oder normalisiert", sagt der Wissenschaftler.
"Im Moment gibt es noch Aufschreie, zumindest in den sozialen Medien. Irgendwann wird das vielleicht als normal angesehen. Dann ist der nächste Schritt, wenn es sich normalisiert hat, dass so etwas auch auf Landesebene passieren kann. Deswegen gilt der Spruch: Währet den Anfängen", mahnt Eric Linhart.