Annalena Baerbock und Robert Habeck bei den Grünen, Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken bei der SPD und jetzt auch Armin Laschet und Jens Spahn: Doppelspitzen sind bei den großen Parteien im Trend. Für die höchste Position im Kanzleramt sei das Modell allerdings keine Option, sagt die Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach.
Eine Doppelspitze im Kanzleramt - so interessant die Vorstellung auch klingen mag, das größte Argument dagegen liefert unser Grundgesetz.
Verfassungsänderung wäre nötig
Julia Reuschenbach ist Politikwissenschaftlerin an der Uni Bonn. Sie sagt, die Regularien der Verfassung würden es nicht zulassen, dass dieses Amt von zwei Personen bekleidet werde. Dabei gehe es beispielsweise um personalisierte Entscheidungsfunktionen wie die Richtlinienkompetenz oder die Vertrauensfrage, die von der Kanzlerin oder dem Kanzler an den Bundestag gerichtet werden könne.
"Dagegen spricht das Grundgesetz. Die Regularien der Verfassung lassen es nicht zu, dass die Position von zwei Personen bekleidet wird."
Damit eine Doppelspitze möglich wäre, bräuchte es vor einer Wahl eine Verfassungsänderung. Auch in anderen Ländern sei es unüblich, dass das höchste Staatsämter von zwei Personen ausgeführt werden. Und auch die wählende Bevölkerung wolle klar wissen, wer nach einer Wahl die Regierungsverantwortung habe, so die Politikwissenschaftlerin.
Allerdings gebe es Modelle, sagt Julia Reuschenbach, in denen schon im Wahlkampf ein Vizeposten vergeben werde mit der Option, dass das Amt von dieser Person nach der Hälfte der Legislaturperiode übernommen werde. Für Deutschland sei aber auch dieses Modell wegen unseres Grundgesetzes nicht denkbar.
Doppelspitze in Parteien machen Sinn
Prinzipiell gelte es zwischen den Doppelspitzen in Parteien und möglichen Doppelspitzen in höchsten Staatsämtern zu unterscheiden, sagt Julia Reuschenbach. Auf Parteiebene mache eine Doppelspitze durchaus Sinn – aus Gründen der Arbeitsteilung, aber auch, weil unterschiedliche Strömungen, Geschlechter und Zielgruppen so gut abgebildet werden können.
"Auf Parteiebene macht es sehr viel Sinn, weil man unterschiedliche Strömungen aufnehmen kann, unterschiedliche Geschlechter und Zielgruppen abbilden kann."
Bei hohen politischen Ämtern sehe die Sache anderes aus. Schwierig werde es, weil schon das Amt des Vizekanzlers in der Regel nicht von der Parteikollegin oder dem Kollegen, sondern vom Koalitionspartner der anderen Partei bekleidet werde, so Julia Reuschenbach.
Auch wenn der Trend in den Parteien in Richtung Doppelspitze gehe, die Teamlösungen würde stets in einer Person münden, die das höchste Amt bekleiden solle. Zudem sei auch der Wahlkampf hierzulande vor allem auf Bundesebene stark personalisiert. Das werde auch in den kommenden Wahlperioden mit Sicherheit noch so bleiben, eine Änderung sei nicht in Sicht, so die Politikwissenschaftlerin.