Das frühsommerliche Wetter lädt dazu ein: Mal eben eine schöne Wandertour machen, im Netz eine Route suchen, sich in die App laden – und schon seid ihr unterwegs. Aber ist es immer sinnvoll, sich von Apps wie Komoot oder Outdoor Active leiten zu lassen? Seit letzten Monat drei Bergsteiger*innen in den bayerischen Voralpen abgestürzt sind, wird darüber diskutiert.
Eine Gruppe von vier Personen war im März im Landkreis Rosenheim zum Hohen Asten aufgestiegen, einem beliebten Wanderziel mit Deutschlands höchstem Bergbauernhof. Dorthin führt ein Forstweg, eine leichte Wanderung. Für den Abstieg hat die Gruppe dann aber eine andere Route genommen, sie wollten offenbar eine Rundtour machen.
Tragischer Unfall in Bayern
An der Maiwand, einem Gipfel bei Flintsbach am Inn, sind drei der vier Personen tödlich verunglückt. Dort gibt es nur einen äußerst anspruchsvollen Pfad mit steilen Rinnen. Ein rotes Warnschild lässt keinen Zweifel: "Achtung Lebensgefahr! Weg zur Maiwand nur für geübte Bergsteiger". Wenn dann auch noch Schnee liegt, ist es dort extrem gefährlich.
Die vierte Person konnte einen Notruf absetzen und gab später an, die Wandergruppe hätte sich von einer App leiten lassen. Ob diese App einen falschen Weg angegeben hat, lässt sich nicht sicher sagen, berichtet Ilka Knigge von Deutschlandfunk Nova.
Tatsache ist: Nicht nur einige Wanderer*innen vertrauen ihren Apps blind - auch Autofahrer*innen sind schon vom Weg abgekommen, weil sie nur auf ihr Navi schauten – das beispielsweise eine Langlaufloipe als Straße anzeigte.
OpenStreetMap oder Profi-Apps
Die Apps für Wanderfreudige funktionieren ganz unterschiedlich, sagt Ilka Knigge . Einige – zum Beispiel Komoot und Outdoor Active – basieren auf OpenStreetMap. Die Karte bildet also einfach das Gelände ab, jede(r) kann darauf zugreifen und Routen planen, tracken oder einstellen – niemand muss dafür Bergführer*in sein.
Das Problem: Seit dem Einstellen der Route können sich die Wander-Bedingungen natürlich geändert haben. Statt Sonnenschein kann es in den Bergen beispielsweise Schneefelder geben.
"Vor Ort können die Bedingungen natürlich ganz anders sein als bei der Person, die die Route einmal eingestellt hat."
Es gibt daher auch Apps, in die nur Profis neue Routen einspeisen dürfen oder bei denen die neuen Routen von Profis überprüft werden, bevor sie zur verfügbar sind.
Beim Deutschen Alpenverein (DAV) gibt es beides, aber die Profi-Routen sind gekennzeichnet. Der Weg an der Maiwand ist in der Karte vom DAV zum Beispiel nicht eingezeichnet.
App nicht als einzige Quelle verwenden
Wichtig: Eine App sollte nie die einzige Quelle für eine Tour-Planung sein, findet Thomas Bucher vom DAV. Eine App ersetze nicht den Bergführer, sondern sei lediglich ein zusätzliches Tool.
"Oftmals ist es so, dass Apps gesehen werden wie Bergführer. Das sind sie aber nicht. Sie sind ein zusätzliches Tool, ich muss immer noch mit meinem eigenen Hirn dabei sein."
Wer eine Route plant, sollte sie im Netz auf verschiedenen Seiten recherchieren und sich nicht nur auf eine Quelle verlassen. Bei der Maiwand gibt es zum Beispiel Kommentare wie "für geübte Bergfreunde kein Problem", aber eben auch "Besteigung der Maiwand schwer und gefährlich (nur für sichere Bergsteiger mit Klettererfahrung!)". Diese Kommentare muss man einordnen können und nicht einfach losrennen nach dem Motto "Wird schon gutgehen", so Ilka Knigge.
Vor Ort sollte man dann unbedingt auf Warnschilder achten und auch lokale Hüttenwirt*innen fragen. Die kennen die aktuelle Lage meistens gut und können auch alternative Routen vorschlagen.
Auch eine ganz klassische – und keineswegs altmodische – analoge Karte kann eine zusätzliche Hilfe sein.
Ganz wichtig: Eigenverantwortung
Das Problem ist also meistens nicht die App an sich, sondern eher unser Umgang damit. Wer in die Berge geht, der ist für sich selbst verantwortlich, sagt der DAV.
"Es gibt keine Institution, die sagt: Hier ist der Eingang und wenn du da reingehst, dann muss ich überprüfen, ob du das kannst und erst dann darfst du das."
Thomas Bucher erklärt: Grundsätzlich gebe es einen freien Zugang zur Natur. Jeder sei da für sich selbst verantwortlich, diese Verantwortung lasse sich nicht delegieren.
Und schließlich habe jeder einen anderen Erfahrungsstand: Was für die einen lebensgefährlich ist, muss es für andere nicht sein. Das Ziel sei daher immer, die vorhandenen Apps zu beherrschen und sich selbst so gut einschätzen zu können, dass man sicher unterwegs ist.