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270 Stimmen braucht Trump. Nach dem Ausgang der Wahl stehen ihm sogar 306 zu. Eine komfortable Mehrheit. Trotzdem: In der Geschichte der amerikanischen Verfassung hat es auch schon abtrünnige Wahlmänner gegeben.

Noch ist Donald Trump nicht offiziell zum US-Präsidenten gewählt worden. Die eigentliche Wahl findet heute (19. Dezember) statt, wenn die 538 Wahlmänner und -frauen in den Hauptstädten ihrer Bundesstaaten ihre Stimme abgeben. Das "electoral college" wurde in der Präsidentenwahl am 8. November bestimmt. Mindestens 37 Wahlmänner und -frauen müssten abweichen, um Trump doch noch zu verhindern. Sehr unwahrscheinlich. Bisher hat nur ein republikanischer Wahlmann aus Texas angekündigt, gegen Trump zu stimmen.

Dass Wahlmänner bei der Abstimmung anders gewählt haben als vorher angekündigt, ist schon über 150 Mal vorgekommen, sagt Jessica Gienow-Hecht, Professorin am John-F.-Kennedy-Institut der FU Berlin. Die meisten dieser Fälle habe es im 19. Jahrhundert gegeben, und die Gründe dafür seien ganz unterschiedlich gewesen:

  • Bei über 70 dieser Fälle hatten die Wahlmänner 1872 (damals gab es noch keine Wahlfrauen) ihre Entscheidung geändert, weil der ursprüngliche Kandidat Horace Greeley gestorben war
  • In etwa 80 Fällen hat der Wahlmann aufgrund persönlicher Vorbehalte anders gewählt
"Keiner dieser Fälle hat tatsächlich den Ausgang der ursprünglichen Wahl beeinflusst."
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Das Wahlmännersystem gibt es seit dem Bestehen der USA. Obwohl sich vieles geändert hat in den Jahrhunderten - eine Sache ist gleich geblieben: Die Wahlmänner und -frauen sollen sich nochmal überlegen, ob der designierte Kandidat "fit for president" ist. "Ob sie es dann aber auch wirklich tun, ist eine andere Frage", sagt Jessica Gienow-Hecht.

Trotz aller Probleme, die das Wahlmänner-System mit sich bringt, wäre es zu einfach zu sagen, dass es im 21. Jahrhundert überholt ist, sagt Gienow-Hecht. Das System komme aus einer Zeit, in der es noch keine Parteien im heutigen Sinne gab. Ein Wahlmann war also nicht gebunden und konnte sich damals gut für zwei unterschiedliche Kandidaten bzw. Vize-Kandidaten entscheiden.

"Das System stellt bis heute sicher, dass die Kandidaten im Wahlkampf nicht nur den Leuten etwas versprechen, sondern auch den Bundesstaaten."
Jessica Gienow-Hecht

Das sei wahnsinnig wichtig, weil der Präsident innenpolitisch eigentlich sehr schwach sei und nicht viel machen könne. Aus der deutschen Perspektive werde das oft übersehen.

"Nicht überholt"

De facto hätten die Staaten in den USA eine ganze Menge zu sagen. Die Dinge, in denen der Präsident Einfluss nehmen kann, müsse er mit den Staaten verhandeln. Deshalb setzten sich die Präsidentschaftskandidaten auch für Staaten ein, die nicht so bevölkerungsstark sind. Aufgrund des Wahlmännersystems wird etwa Wisconsin wichtiger als es ohne Wahlmännersystem wäre.

Shownotes
Wahlmännersystem der USA
Ist Trump "fit for president"?
vom 19. Dezember 2016
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Jessica Gienow-Hecht, Professorin am John-F.-Kennedy-Institut der FU Berlin