Es war das erste TV-Duell zwischen Donald Trump und Joe Biden. Viele Themen standen zur Debatte, zu konkreten Diskussionen kam es weniger, weil der US-Präsident seinen politischen Gegner kaum zu Wort kommen ließ. Als Joe Biden auf seine Inhalte einging, konfrontierte Trump Biden mit seiner Familiengeschichte.
Eigentlich standen die Themen des ersten TV-Duells der beiden US-Präsidentschaftskandidaten, Joe Biden und Donald Trump, im Vorfeld schon fest. In der Debatte sollten sie sich zu sechs Themenfeldern positionieren: Die Besetzung im Supreme Court, die Corona-Pandemie, die Wirtschaft, die anhaltenden Proteste, die Briefwahl und auch um ihre bisherigen Amtszeiten als Präsident beziehungsweise Vizepräsident sollte es gehen.
Es war eine "Shitshow"
Was dann tatsächlich folgte, bezeichnete CNN-Kolumnistin Dana Bash später als "Shitshow". Seitdem die Debatte zwischen Biden und Trump am Montagabend im US-Fernsehen ausgestrahlt wurde, stehen Donald Trump und auch der Moderator des TV-Duells, Chris Wallace, in der Kritik.
Denn: Nach wenigen Minuten ergriff Donald Trump das Wort und unterbrach seinen Kontrahenten Joe Biden über die gesamte Zeit des Duells pausenlos wie auch Moderator Chris Wallace. Der gilt eigentlich als geübter Moderator des US-Fernsehsenders Fox News. TV-Duelle im US-Wahlkampf, wie die zwischen Hilary Clinton und Donald Trump, hat er schon in der Vergangenheit moderiert.
Moderator verlor Kontrolle über TV-Duell
Bei diesem ersten TV-Duell zwischen Trump und Biden musste Wallace den US-Präsidenten allerdings immer wieder zur Ordnung aufrufen. "Ich bin der Moderator der Debatte, und ich möchte, dass Sie mir erlauben, meine Frage zu stellen", sagte er, als Trump ihm erneut ins Wort fiel. Kritikerinnen und Kritiker finden, Wallace habe die Kontrolle über die Debatte verloren.
"Wegen der ständigen Unterbrechungen waren besonders die ersten 20 Minuten als Zuschauer wirklich anstrengend anzuschauen."
Über 90 Minuten hat Donald Trump Joe Biden kaum die Luft zum Atmen gegönnt, erklärt Politologin Cathryn Clüver-Ashbrook von der Harvard Kennedy School. Der Kandidat der US-Demokraten fuhr eine gegensätzliche Strategie zu der von Donald Trump. Wenn Biden es gelungen ist, das Wort zu ergreifen, hat er direkt in die Kamera zu den Zuschauerinnen und Zuschauern gesprochen und die vereinbarte Redezeit von zwei Minuten pro Antwort eingehalten.
Kandidaten zeigen auch starke nonverbale Unterschiede
Mit seinem direkten Blick in die Kamera hat Joe Biden auch ein non-verbales Mittel benutzt, das Mimik-und Gestikexperte Dirk Eilert für taktisch clever hält. Zumal er dabei mit einer konkreten Bildsprache gearbeitet habe. Als es zum Beispiel um die Corona-Pandemie ging, wendete sich der Kandidat der US-Demokraten an die Zuschauer und fragte: "Wie viele von Ihnen sind heute Morgen aufgestanden und fanden in der Küche einen leeren Stuhl vor, weil jemand an Covid gestorben ist?" Trump hingegen habe den Fokus auf Dominanz und Selbstsicherheit gelegt, so der Mimik-und Gestikexperte.
Kein fairer Schlagabtausch
Damit hat er versucht, das Duell immer wieder auf eine persönliche Ebene zu bringen, indem er Biden als Kandidaten wegen der ehemaligen Drogenabhängigkeit seines Sohnes Hunters diskreditiert hat.
Eine ähnliche Strategie hat er im Wahlkampf 2016 verfolgt, als er Hilary Clinton mit den Schwachstellen ihrer Ehe konfrontierte. "Das war damals auch schon im Grunde genommen eklig. So etwas hat in einer demokratischen Debatte eigentlich keinen Raum", so die Politologin.
"Wenn man sich angeschaut hat, wie solche Debatten mit Trump in der Vergangenheit abliefen, kann man sich darauf vorbereiten, dass es Angriffe unter die Gürtellinie geben wird."
Gesundheitsreform, systemischer Rassismus, Klimawandel
Als Bidens stärkste Themen während des TV-Duelles sieht die Politologin die Gesundheitsreform, den Abbau von systematischem Rassismus und auch den Klimawandel. Joe Biden hat den Wählerinnen und Wählern zum Beispiel zugesichert, als Präsident sofort wieder dem Pariser Klimaabkommen beizutreten. Donald Trump hat er als einen Clown und den schlechtesten Präsidenten bezeichnet, den es jemals in den USA gab. Insgesamt hat Cathryn Clüver-Ashbrook Bidens Performance eher als schwach wahrgenommen.
In den letzten Umfragen vor dem TV-Duell führte Joe Biden mit sieben Prozent. Und auch in vielen der Swing-States lag er bei über 50 Prozent der Stimmen. Swing States sind Bundesstaaten, die erst mal weder eindeutig von Anhängern der Demokraten noch Republikaner geprägt sind. Sie können die Wahl entscheidend beeinflussen.
Auch die noch unentschiedenen Wählerinnen und Wähler, darunter viele Frauen und Bewohner der Vorstädte, sind eine Zielgruppe, auf die sich die Präsidentschaftskandidaten üblicherweise konzentrieren und versuchen zu überzeugen.
Ansprache zu Anhängerinnen und Anhänger
Donald Trump hingegen hat während des TV-Duells vor allem zu seinen Anhängerinnen und Anhänger gesprochen, als er zum Beispiel die ultra-rechte Gruppe der "Proud Boys" dazu aufrief, sich bereitzuhalten. "Das kann man nur als einen Aufruf zur Gewalt interpretieren", sagt Cathryn Clüver-Ashbrook. Die Stimmen der Frauen oder der Menschen in den Vorstädten könne er so nicht holen.