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Der rechtsextreme Rassemblement National hat die erste Runde der Parlamentswahlen klar gewonnen. Der Rechtsruck macht Xavier Angst. Der Student hat kamerunische Wurzeln und lebt seit 19 Jahren in Frankreich. Er sagt: Plötzlich zählt seine Hautfarbe wieder.

Mit 33 Prozent der Stimmen hat der extrem rechte Rassemblement National die erste Runde der vorgezogenen Neuwahlen in Frankreich deutlich für sich entschieden. Das linke Bündnis kam auf 28 Prozent der Stimmen, das Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron auf nur 20 Prozent.

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Xavier ist in Kamerun geboren, mit neun Jahren nach Frankreich gekommen, seit vier Jahren hat er den französischen Pass. Xavier mag Frankreich, sagt er. Er liebe die Sprache, die Mentalität, die Kultur und habe sich von Beginn an als Franzose gefühlt. Sein Pass mache da für ihn keinen Unterschied.

Doch jetzt habe er Angst und das Gefühl, dass die Hautfarbe, aber auch die Religion oder Sexualität wieder eine Rolle spielen könnte – vor allem, wenn die Rechtsextremen ihren deutlichen Sieg im zweiten Wahlgang bestätigen.

"Wenn der Rechtsextremismus wirklich gewinnt, dann ist das schlimm für die Menschen mit anderer Hautfarbe, Religion und Sexualität."
Xavier, Student aus Frankreich

Xavier sorgt sich um seine Zukunft und fürchtet zum Beispiel Probleme im Job. Die schlimme Erfahrung, wegen seiner Herkunft diskriminiert zu werden, habe er bereits gemacht.

Xavier Enyougou
© Xavier Enyougou
Xavier macht der wachsende Rechtsextremismus in Frankreich Angst

In einem Supermarkt in Straßburg verweigerte ihm eine Kassiererin, bei ihr zu zahlen, sodass er die Kasse wechseln musste. "Sie hatte ein Problem, weil ich schwarz bin. Die anderen Menschen, die nach mir kamen, waren nicht schwarz", berichtet er.

Die Stimmung in Frankreich kippt

Xavier spürt, wie die Stimmung in Frankreich kippt. "'Du bist scheiße, du bist Schwarzer, du bist arabisch' – Ich glaube, das wird dann normal für die Menschen, das zu denken und zu sagen", befürchtet er voller Sorge, wenn sich der Rechtsextremismus in Frankreich weiter durchsetzt.

"'Du bist scheiße, du bist Schwarzer, du bist arabisch' – Ich glaube, das wird dann normal für die Menschen, das zu denken und zu sagen."
Xavier

Den Erfolg des Rassemblement National erklärt Xavier damit, dass die Rechtsextremen die Angst und die schlechte wirtschaftliche Situation vieler Menschen auszunutzen wissen. "Wenn die Menschen keine Lösung finden, dann ist das erste Problem immer Immigration. Das ist so schade", so der Student.

Frankreich – Rechte Parteien nicht mehr aus Protest gewählt

Falls sich Emmanuel Macron mit den vorgezogenen Neuwahlen erhofft hat, die extreme Rechte zu schwächen, dann ist der Plan gescheitert, sagt Deutschlandfunk-Nova-Korrespondentin Anke Schaefer. Möglicherweise habe der Präsident gedacht, es gebe einen Unterschied zwischen der für die extremen Rechten bereits erfolgreichen Europawahl und der Wahl für Frankreich. Doch zur Wahrheit gehört: Vor allem in ländlichen Gebieten wählen die Menschen Marine Le Pen nicht mehr aus Protest, sondern für die Inhalte.

"Gerade in den ländlichen Gebieten wählen die Wählerinnen und Wähler Marine Le Pen nicht mehr aus Protest, sondern wirklich für die Inhalte, die sie vertritt."
Anke Schaefer, Deutschlandfunk-Nova-Korrespondentin

Auf dem Land ist die Arbeits- und Perspektivlosigkeit groß und entsprechend frustriert die Menschen. War man hier in der Vergangenheit mal links, manchmal sozialistisch, auch kommunistisch eingestellt, wählt man jetzt rechts.

"Der Rassemblement National hat den Vorteil, dass er hier noch nie an der Macht war. Jetzt sollen es die mal probieren", sagt unsere Korrespondentin. Beim Wahlkampf war der Rassemblement National auch viel präsenter als die Vertreter aller anderen Parteien.

Unruhen im Herbst befürchtet

Jetzt kommt es darauf an, ob die Rechtsextremen nach dem zweiten Wahlgang die relative oder die absolute Mehrheit erreichen. Die Frage ist auch, was in den nächsten drei Jahren politisch zu entscheiden ist und wie in einer Konstellation mit einer starken Rechten überhaupt entschieden werden kann. Fakt ist: "Bis 2027 wird Emmanuel Macron noch Präsident sein. Er hat gesagt, er wird nicht zurücktreten, egal, was passiert", so Anke Schaefer.

Das Wahlergebnis bestätigt: Frankreich ist gespalten, der Riss zwischen rechts und links wird größer und die Mitte um Emmanuel Macron ist für viele Wählerinnen und Wählern auch keine echte Alternative. "Er hat Dinge getan, die die Franzosen überhaupt nicht wollten, zum Beispiel die Hochsetzung des Rentenalters auf 64 Jahre", meint Anke Schaefer.

Im Herbst rufen die Gewerkschaften traditionell dazu auf, auf die Straßen zu gehen. Es gibt es Befürchtungen, dass es dann zu Unruhen kommt, wenn sich die Lager hier gegenüberstehen.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Frankreich-Wahl
Wenn rechtsextreme Politik normal wird
vom 01. Juli 2024
Moderatorin: 
Rahel Klein
Gesprächspartner*innen: 
Xavier Enyougou, Student aus Frankreich
Anke Schaefer, Deutschlandfunk-Nova-Korrespondentin