Besonders nach dem Anschlag auf Halle wird viel über Antisemitismus in Deutschland diskutiert. Nina Peretz und ihre jüdische Gemeinde möchten etwas gegen diese einseitige Darstellung von Judentum tun.
Wenn es in der Öffentlichkeit um Judentum geht, geht es oft um Antisemitismus – wie auch jetzt, wenn über den Anschlag auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober 2019 und den im Juli 2020 begonnenen Gerichtsprozess gesprochen wird.
"Ein Wunsch, der aufkam, war: Wie können wir dem ganzen Hass und der Angst etwas Positives entgegenstellen?"
Nina Peretz ist Mitglied im Vorstand der jüdischen Gemeinde am Fraenkelufer und erlebt diesen Fokus auf Antisemitismus nicht nur in den Medien, sondern auch in ihrem Alltag: Judentum wird nach Ninas Eindruck oft auf Antisemitismus, Sicherheitsbedenken wie die Vorkehrungen rund um die Synagoge reduziert. "Das ist natürlich auch Teil unseres Lebens, aber es ist halt nur einer von vielen", betont die Berlinerin.
Es gebe kein Bewusstsein dafür, dass "lebendiges, jüdisches, aktives Leben ein wichtiger Teil in Deutschland ist", so Nina. Diese Vielfalt im Judentum besteht etwa daraus, dass nicht alle jüdischen Menschen orthodox sind, oder dass es unterschiedliche Rituale gibt.
Das heißt für Nina Peretz nicht, dass man die Berichterstattung weniger aufmerksam verfolgen sollte. "Gleichzeitig brauchen wir etwas, was wir selbst in der Hand haben."
Vielfalt und Lebendigkeit des Judentums betonen, statt Perspektive des Antisemitismus einzunehmen
Nina Peretz hat mit Menschen, die während des Anschlags in Halle in der Synagoge waren, über den Wunsch gesprochen, während des Prozesses auch über die Vielfalt des jüdischen Lebens zu sprechen, das nicht nur mit Hass zu tun hat.
Das Ergebnis: Der Hashtag #AufDasLeben. Darunter wollen Gemeindemitglieder während des Prozesses in Magdeburg jede Woche Geschichten von ihrem persönlichen jüdischen Leben erzählen. "Auf das Leben" kann ins Hebräische mit "L’Chaim" übersetzt werden. Mit diesem Satz wird auch oft zugeprostet – "man prostet auf das Leben und denkt eben nicht an den Tod", sagt Nina Peretz.
"Jeder und jede hat aus dem eigenen Alltag viele Geschichten, die sie mit dem eigenen Jüdischsein verbinden", beschreibt die Berlinerin. Sie selbst denkt dabei an einen Apfelbaum, den sie mit der Gemeinde zum jüdischen Neujahr der Bäume gepflanzt haben. "Uns wurde gesagt, dass auf der Fläche der Berliner Synagoge kein Baum wachsen kann", erzählt Nina Peretz. "Das ist schon viele Jahre her und das Bäumchen wächst und gedeiht ganz wunderbar und trägt jedes Jahr Früchte."
Zum jüdischen Neujahr Rosh Hashanah würden sie die Äpfel ernten, was für sie auch eine große Symbolik sei. Schließlich ist der Apfel einer der Symbole des jüdischen Neujahrsfests. "Es ist nur ein kleines Bäumchen und hat auch nur ein, zwei Äpfel – aber die halt jedes Jahr."
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