Volkswagen und Niedersachsen sind ganz eng miteinander verbandelt. So eng, dass der Ministerpräsident seine Regierungserklärung vom Konzern gegenlesen lässt. Das liegt am VW-Gesetz - und an sehr vielen Arbeitsplätzen.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD hält eine Rede, seine Regierungserklärung. Dann kommt heraus, dass der Volkswagenkonzern sich diese Rede genau angeguckt hat, bevor Weil sie hielt. Und VW hat nicht nur gelesen, sondern auch Korrekturen vorgeschlagen. Zum Beispiel verzichtete Weil in seiner Rede darauf, über den Verlust von VW-Marktanteilen zu sprechen.
Auch der Diesel-Skandal wurde in der Rede thematisiert:
- Ursprüngliche Fassung: "Volkswagen hat damit gegen Gesetze verstoßen und Vertrauen missbraucht."
- VW-Fassung: "Damit ist gegen Gesetze verstoßen und damit ist Vertrauen missbraucht worden."
Schon durch diesen Einfluss wird deutlich, dass VW und das Land Niedersachsen eng miteinander verbandelt sind.
Die Politik kann über VW bestimmen
Niedersachsen hält 20,2 Prozent der VW-Aktien, und weniger als 20 Prozent dürfen es aus Perspektive des Landes nicht sein. Es gibt nämlich ein eigenes VW-Gesetz, dass bei wichtigen Entscheidungen mehr als 80 Prozent der Aktionäre zustimmen müssen. Das ist weltweit einmalig. "Die Politiker können also wichtige Entscheidungen blockieren", erklärt der Wirtschaftsjournalist Jörg Brunsmann, "alle anderen Aktionäre zusammen kommen ja nur auf 79,8 Prozent".
"Der Politik geht es vor allem um die Arbeitsplätze: 120.000 Arbeitsplätze hat VW alleine in Niedersachsen und ist damit größter Industrie-Arbeitgeber im Land."
Zum Beispiel kann die Politik so verhindern, dass Fabriken ins Ausland verlegt werden. So werden Arbeitsplätze in Niedersachsen geschützt. Auch gehören zu VW die Tochterunternehmen Audi und Porsche - es würde aber nie passieren, dass zum Beispiel die VW-Verwaltung aus Wolfsburg in Niedersachsen nach Ingolstadt oder Stuttgart verlegt werden würde.
Dafür hat das Unternehmen aber auch einen kurzen Draht zu den Politikern im Land. Und den anderen Aktionären, den 79,8 Prozent, passt der Niedersachsen-Einfluss auch nicht so recht, sagt Jörg Brunsmann: "VW ist beim Gewinn nämlich so ein bisschen das Kellerkind der Branche."
Während Volkswagen eine Gewinnspanne von etwa 6 Prozent hat, liefen Daimler und BMW bei um die 10 Prozent. "Also wenn man bei VW weniger Rücksicht auf Arbeitsplätze und so nehmen müsste, dann ginge da noch was", stellt Jörg Brunsmann fest. Aber weder SPD noch CDU wollen ihren Einfluss auf VW verlieren - 120.000 VW-Arbeiter sind eben auch Wähler.