Wahlkampf for Future? Bei fast allen größeren Parteien steht im Wahlprogramm, dass sie die Erderwärmung verlangsamen wollen. Wir haben uns die Aussagen zu CO2-Emissionen und zur Energiepolitik genauer angesehen.
In den EU-Wahlprogrammen zeigen CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die FDP und Die Linke, dass Klima- und Umweltschutz grundsätzlich auf ihrer Agenda stehen – die Unterschiede liegen im Detail, sagt unsere Reporterin Anne Bohlmann.
Für die AfD hingegen ist der Umwelt- und Klimaschutz nur ein nachgeordnetes Anliegen. Das zeigt das EU-Wahlprogramm der Partei. Deswegen gehen wir auf ihre Position zum Abschluss ein. Anne hat sich die Aspekte Treibhausgasemissionen und Energiepolitik genauer angesehen.
⦿ CO2-Emissionen
Grüne und Linke wollen den CO2-Ausstoß auch direkt mit politischen Maßnahmen reduzieren – zum Beispiel mit einer CO2-Steuer. Das steht im Parteiprogramm der Grünen auf Seite 19, im Programm von Die Linke steht die Forderung nach einem CO2-Mindestpreis auf Seite 33.
Die FDP setzt auf den Markt. Sie will deshalb den Emissionshandel in der EU stärken. Anne erklärt das Prinzip so: Dafür muss von politischer Seite definiert werden, wie viel CO2 ausgestoßen werden darf. Dann wird eine begrenzte Anzahl an Verschmutzungsrechten vergeben. Mit diesen Rechten dürfen die Marktteilnehmer Handel betreiben. Bisher wird dieses Verfahren im Energiesektor, in dem CO2 im größten Umfang anfällt, bei innereuropäischen Flügen und in einzelnen Industriebereiche angewendet.
"Wer mehr CO2 ausstößt, als er Rechte hat, der muss Rechte von anderen kaufen. Das Problem ist, dass das in der Praxis bisher nicht so gut funktioniert."
Die Wirksamkeit des Emissionshandels ist umstritten – also ob und wie stark er den CO2-Ausstoß dieser einzelnen Bereiche bisher wirklich reduziert hat. Insgesamt ist der Umfang der CO2-Emissionen in Europa von 2005 bis 2018 nach Angaben der Europäischen Umweltagentur nur unmerklich zurückgegangen. Die Parteien halten insgesamt den Emissionshandel für ein sinnvolles Instrument. Uneinigkeit besteht darüber, wie rasch die Zahl der vergebenen Zertifikate verknappt wird – wie schnell also der Preis für Verschmutzungszertifikate steigen soll.
⦿ Energiepolitik
Alle Parteien wollen einen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien – mit Ausnahme der Afd. Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen fordern einen europaweiten Ausstieg aus der Braunkohle bis 2030. Beide Parteien setzen sich für den europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie ein. Die SPD wünscht sich für einen Atomausstieg einen europäischen Fahrplan – auf Seite 52 des Programms.
Beim Ausbau der erneuerbaren Energieproduktion verfolgen die Parteien unterschiedliche Ansätze: Die SPD setzt auf den Ausbau der Infrastruktur und bessere Energiespeicher – sie bewegt sich also eher im Bereich der Großindustrie. Bündnis 90/Die Grünen fordern einen europäischen Stromverbund und ein europaweites intelligentes Netz, auch Smart Grid. Das bedeutet, dass innerhalb des Netzes mittels Informationstechnik auch Verbrauch, Produktion und Speicherung zusammengeführt werden.
"Die Union setzt eher auf die Wirtschaft. Sie will für den Ausbau erneuerbarer Energien einen stärker vernetzen, europäischen Binnenmarkt."
Im Programm von CDU/CSU sind die erneuerbaren Energien nachgeordnet. Der Begriff wird synonym mit "emissionsarm" verwendet – im Programm auf Seite 11. Im Programm der FDP kommt der Ausdruck "erneuerbar" nicht vor. Stromspitzen aus diesen Energiequellen werden auf Seite 36 des Programms als Problem beschrieben. Das europäische Stromnetz müsse diese besser auffangen und speichern.
⦿ Klima und Umweltpolitik der AfD
Die AfD geht bei der Klima- und Umweltpolitik einen Sonderweg. Klimapolitik ist für die Partei ein Irrweg. Sie bezeichnet die menschgemachte Erderwärmung als Hypothese – auf Seite 8 des Programms.
Die Partei lehnt die Pariser Klimavereinbarung ab und möchte an der Verstromung von Braunkohle festhalten – auf Seite 80 ihres Programms. Also möchte die Partei auch das Zwei-Grad-Ziel, den Versuch, die durch den Menschen verursachte Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu beschränken, nicht anstreben. Möglichst niedrige Energiepreise sind das Ziel der AfD. Deswegen wendet sie sich auch gegen den Handel mit CO2-Zertifikaten – auf Seite 79 des Parteiprogramms zur EU-Wahl.
Die jüngsten Umfragewerte der Forschungsgruppe Wahlen lauten wie folgt: CDU/CSU: 32 Prozent, Bündnis 90/Die Grünen: 19 Prozent, SPD: 16 Prozent, Afd: 12 Prozent, FDP und Die Linke je 6 Prozent. (Stand 15. Mai 2019)
Reihe: EU-Wahlprogramm-Check bei Deutschlandfunk Nova
- EU-Wahlprogramm-Check: Bildung | Europäische Bildungspolitik ist zuallererst das Erasmusprogramm – inzwischen auch für Schülerinnen und Azubis. Dann kommt lange nichts. Ein Blick auf das Thema Bildung in den EU-Wahlprogrammen der größeren Parteien.
- EU-Wahlprogramm-Check: Mobilität | Elektrofahrzeuge, Feinstaub und Betrug bei den Abgaswerten: Mobilität und Umweltschutz lassen sich kaum trennen – die Pläne der Parteien dazu hingegen schon. Ein Blick in die EU-Wahlprogramme.