Hassbotschaften bei Twitter? Vieles ist auf der Plattform legal und doch: Eine bestimmte Form von Hetze ist strafbar. Johannes Döbbelt hat sich einen aktuellen Fall angesehen.
Um Neujahrswünsche sollte es eigentlich keine große Diskussion geben. Beatrix von Storch hat es aber dennoch geschafft. Die stellvertretende Chefin der AfD-Bundestagsfraktion schrieb:
"Was zur Hölle ist in diesem Land los? Wieso twittert eine offizielle Polizeiseite aus NRW auf Arabisch. Meinen Sie, die barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden so zu besänftigen?"
Sie reagierte damit auf einen Neujahrswunsch der Kölner Polizei. Diese twitterte auf Deutsch, aber auch auf Englisch, Französisch und Arabisch. Hier der arabische Tweet:
Twitter hat den Account von Beatrix von Storch in der Folge für zwölf Stunden gesperrt – mit Verweis auf einen Verstoß gegen Regeln über Hassinhalte. Die Kölner Polizei hat sie außerdem wegen des Verdachts auf Volksverhetzung angezeigt.
Grund genug, sich die rechtlichen Hintergründe ein bisschen genauer anzuschauen. Volksverhetzung ist im Strafgesetzbuch geregelt, erklärt unser Reporter Johannes Döbbelt. Dort steht: Volksverhetzung liegt vor, wenn eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe Ziel des Angriffs ist. Im aktuellen Fall sind das arabische Männer. Das Gleiche gälte aber auch für Gruppen wie Arbeitslose, Bauern, Beamte oder Bayern. Wer gegen so eine Gruppe zum Hass anstachelt, zur Gewalt aufruft oder wer diese Gruppe in ihrer Menschenwürde angreift, macht sich der Volksverhetzung schuldig.
In ihrer Menschenwürde angreifen
In ihrer Menschenwürde angreifen - das heißt, bestimmten Gruppen ihr Menschsein abzusprechen und sie beispielsweise mit Tieren, mit irgendwelchen Gegenständen oder mit Monstern gleichzusetzen.
Beispiele aus dem vergangenen Jahr:
- Ein 67-Jähriger hatte auf seiner Facebook-Seite unter anderem geschrieben, dass Flüchtlinge für ihn "mehr Tiere als Menschen" seien. Dafür wurde er zu einer Geldstrafe von rund 2300 Euro verurteilt.
- Eine 29-Jährige hatte Menschen mit arabischer Herkunft als "Köter" bezeichnet, auch das gab eine Geldstrafe.
- Der Youtuber Julien hatte gegen streikende Lokführer gehetzt und sie unter anderem "als Hurensohn-Armee" bezeichnet, und wörtlich aufgefordert, sie "zu vergasen". Dafür gab es eine relativ hohe Geldstrafe von 15.000 Euro und acht Monate Haft auf Bewährung.
Und wie ist es beim Tweet von Beatrix von Storch, die von "barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden" gesprochen hat?
Kilian Kost ist Rechtsanwalt aus Köln und auch auf Medien- und Internetrecht spezialisiert. Seiner Einschätzung nach ist der Tweet von Beatrix von Storch eindeutig volksverhetzend. Zum einen sei die Gruppe mit muslimischen Männern klar definiert. Beatrix von Storch stachelt seiner Auffassung zum Hass gegen diese Gruppe auf und stelle sie als minderwertige Triebtäter dar.
"Das Posting stellt aus meiner Sicht auch eine Beschimpfung dar, weil ganz pauschal muslimische Männer so dargestellt werden, als seien sie minderwertige Triebtäter."
Man könnte unterstellen, dass Beatrix von Storch damit nur jene Männer meint, die in der Kölner Silvesternacht 2015 tatsächlich Frauen begrapscht und anderweitig sexuell belästigt haben. Dafür hätte Beatrix von Storch ihre Aussage allerdings zeitlich klar eingrenzen müssen, erklärt Kilian Kost. Und auch dann wäre ihr Tweet noch zu verallgemeinernd und entwürdigend.
Was ist, wenn ihr einen Tweet oder ein Posting bei Facebook entdeckt, von dem ihr denkt: Das könnte Volksverhetzung sein. Wie könnt ihr das dann anzeigen? Reicht es, wenn ihr das dann bei Facebook oder Twitter meldet?
Nein, wenn ihr bei Twitter oder Facebook so einen Post meldet, dann heißt das nur: Ein Mitarbeiter sieht sich den Eintrag an und entscheidet dann, ob die Nachricht gelöscht wird oder nicht.
- Die sozialen Netzwerke sind dann aber nicht verpflichtet, das auch anzuzeigen.
- Die Anzeige bei der Polizei solltet ihr parallel selbst übernehmen, wenn ihr sicher sein wollt, dass der Urheber des Posts auch verfolgt wird.
Wie aufwendig ist das?
- In den meisten Bundesländern könnt ihr alle möglichen Strafanzeigen online stellen, also auch zum Thema Volksverhetzung. Das heißt dann beispielsweise Online-Anzeige oder Internet-Wache. Dann wird die Sache auch verfolgt.
- Und wenn der Post tatsächlich volksverhetzend ist und die Polizei ermitteln kann, welche Person den Hass-Post geschrieben hat, dann kommt es tatsächlich oft zu Verurteilungen.