In den Niederlanden sind in den letzten Tagen und Wochen Tausende tote Trottellummen angeschwemmt worden. Bisher weiß niemand genau, warum. Das Massensterben der Vögel könnte mit der Havarie der MSC Zoe zu tun haben.
In den Niederlanden sind Tausende Trottellummen an Land gespült worden - insgesamt könnten bis zu 20.000 Tiere gestorben sein. Trottellummen sind kleine, schwarz-weiße Vögel, die Stockenten ähnlich sehen. Bekannt sind sie unter anderem von der Nordseeinsel Helgoland, auf der sich der berühmte Lummenfelsen (unser Bild) befindet.
Jetzt gibt es Hinweise darauf, was den 20.000 Tieren, passiert sein könnte, sagt Lars Lachmann, Vogel-Experte beim Naturschutzbund Deutschland (NABU). Offensichtlich konnten die Vögel nicht mehr normal auf Nahrungssuche gehen.
"Die Trottellummen sind alle entkräftet oder tot aufgefunden worden. Das bedeutet: Sie haben irgendein Problem, dass sie daran hindert, normal ihrer Nahrungssuche nachzugehen."
Normalerweise sind die Vögel typische Opfer von Ölvergiftungen, etwa nach Tankerhavarien, erklärt Lachmann. Trottellummen suchen nämlich auf offener See ihre Nahrung. In diesem Fall ist aber wohl nicht das Öl das Problem. Die Kollegen in den Niederlanden, wo die toten Tiere gefunden wurden, versuchen mit Hochdruck, den Grund dafür zu finden.
Vogelsterben durch Havarie der MSC Zoe?
Am 2. Januar hatte das Containerschiff MSC Zoe in der Nordsee hunderte Container verloren. Es könne sein, dass das Sterben der Vögel damit im Zusammenhang steht, so Lachmann. Das Gebiet sei nämlich dasselbe. "Die toten Trottellummen sind genau in dem Gebiet angeschwemmt worden, in dem auch die Container über Bord gegangen sind. Das ist schon sehr ungewöhnlich."
Auf der Insel Helgoland, dem einzigen mitteleuropäischen Brutstandort der Trottellummen, gebe es nur 5000 Brutpaare. Bei 20.000 toten Vögeln könne man also von einer "Katastrophe" sprechen, so Lachmann. In ganz Europa insgesamt gibt es 1,6 Millionen Brutpaare.
Die Forscher werden jetzt eine vollständige Autopsie der toten Trottellummen vornehmen. Die Vögel werden auf verschiedene möglichen Gifte getestet und es werde geschaut, welche Organe betroffen sind.
Gefahrgut in den Containern
Es sei naheliegend, dass das Vogelsterben mit den verlorenen Containern der MSC Zoe zu tun hat, sagt Lars Lachmann. Mindestens zwei Container sollen Gefahrgut enthalten haben: in einem Fall waren es Lithiumbatterien, im anderen Peroxid, ein Stoff, den man zum Haarefärben benutzt.
Die meisten Container sind auf Grund gegangen. Es könne also gut sein, dass sie leck geschlagen sind und die Gifte freigesetzt haben, sagt Lachmann. Außerdem könne in den Containern auch etwas drin gewesen sein, was man noch gar nicht wisse.
"Man weiß auch nicht genau, ob in den Containern vielleicht noch etwas anderes dabei war."
Die Informationen der Reederei seien "ein bisschen widersprüchlich", sagt Lachmann. Erst seien es nur 280 Container gewesen, dann 291, inzwischen geht man von mindestens 345 Containern aus. Diese Zahl hat das Ministerium für Verkehr und Wasserwirtschaft der Niederlande am Mittwoch (06.02.2019) mitgeteilt.
Futter für die Vögel womöglich belastet
Möglich sei etwa, dass das Futter der Trottellummen durch die Havarie der MSC Zoe vergiftet worden ist, sagt Lachmann. Aber auch andere Szenarien seien denkbar – etwa dass Muschelbänke oder andere Lebensgemeinschaften, die in der Nähe der möglicherweise ausgelaufenen Chemikalien waren, kontaminiert worden seien. Die Trottellummen seien also nur ein "Anzeiger für ein größeres Problem", was es in der Nordsee offensichtlich gebe.
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