Seit Jahren sind sie ein Ärgernis am Niederrhein: Krähen. Und zwar immer dann, wenn sie in Scharen mitten in der Stadt nisten, laut krächzen und Autos und Plätze vollmachen. Wir haben mit dem Xantener Bürgermeister gesprochen, wie sich Tierschutz und Bürgerinteressen vereinen lassen.
Am Europaplatz, einem zentralen Platz mitten in Xanten, nisten Krähen in den Bäumen. Die Deutsche Post hat dort jetzt einen Briefkasten versetzen müssen, weil die Verschmutzungen durch den Vogeldreck so stark waren. Für manche Bewohnerinnen und Bewohner Xantens hört der Spaß – und das Verständnis für den Naturschutz – auf. Die Krähenpopulation in der Stadt nimmt beständig zu und alle Versuche, die Tiere wirksam aus der Stadt zu vertreiben, sind bisher gescheitert.
Dreck und Lärm
Thomas Görtz von der CDU ist seit 2014 Bürgermeister der Stadt Xanten. Er ist sich des Problems durchaus bewusst. Von einer "Krähenplage" möchte er aber nicht sprechen, dieser Begriff sei zu hart. Die Krähen hätten vielleicht einfach einen guten Geschmack, wenn sie nach Xanten kommen, schmunzelt er.
"Vielleicht haben die Krähen einen genauso guten Geschmack wie die vielen Menschen, die uns jedes Jahr besuchen."
Doch Spaß beiseite: Verständnis für die Beschwerden der Menschen, die in der Nähe von Krähenkolonien leben, hat Thomas Görtz absolut. Dass die Verschmutzung mit Krähenkot momentan so extrem sei, habe mit der Trockenheit zu tun: Weil es weniger regne, werde auch der Dreck weniger weggespült. Zudem seien die Vögel eine extreme Lärmbelästigung: Die Frühaufsteher fingen mit ihrem Konzert bereits um 4 Uhr morgens an – und das vom Frühjahr bis in den Herbst.
"Ich bin Naturschützer und Tierfreund. Andererseits muss ich die Rechte der Menschen sehen. Das muss unter einen Hut."
In seiner Brust würden zwei Herzen kämpfen, hat uns der Bürgermeister erzählt. Es gehe darum, Tier- und Naturschutz mit den Interessen und Wünschen der Menschen zusammenzubringen.
Der Plan: Krähen sollen umziehen
Die Vögel ganz loszuwerden, sei wahrscheinlich nicht möglich, sagt Thomas Görtz. Und es gehe auch überhaupt nicht darum, ihnen etwas Böses anzutun. Die Tiere zu jagen, kommt für die Stadt nicht infrage. "Sämtliche Gründe, die für die Notwendigkeit einer Bejagung herhalten müssen, sind nicht haltbar", sagt auch der Nabu. Ein Abschuss von Rabenvögeln trage nicht zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt bei.
Die Bäume zu beschneiden, um den Krähen so das Nisten zu erschweren bzw. sie zu vertreiben, hatte der Kreis Wesel bereits verboten. Dieser Schritt steht nämlich nicht im Einklang mit der EU-Vogelschutzrichtlinie. Die Saatkrähe gehört zu den besonders geschützten europäischen Vogelarten.
"Wir wollen die Krähen umsiedeln – auf andere Bäume, die nicht mitten in der Stadt stehen."
Jagen und Baumbeschnitt scheiden also aus. Der neue Plan lautet: Die Krähen könnten mit einem Trick auf andere Bäume umgesiedelt werden.
Akustische Berieselung?
Die Stadt zieht in Betracht, die Krähen akustisch zu berieseln: Durch Lautsprecher könnten sie dazu bewegt werden, die Bäume zu verlassen und an anderen Orten zu nisten.
Diese Methode wurde im Frühjahr 2020 bereits in Soest getestet – mit Erfolg. Nachdem den Vögeln "der Marsch geblasen" wurde, sind sie umgezogen. Der Kreis Wesel müsste eine solche Maßnahme allerdings erst genehmigen. Sie wäre zudem nur außerhalb der Brut- und Nistzeiten erlaubt.