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In vier Stunden von München nach Berlin – heute (08.06.2017) eröffnet die Bahn ihre neue Hochgeschwindigkeitsstrecke. Das Unternehmen feiert das mit Sonderzügen und einem Festakt, zu dem auch die Kanzlerin erwartet wird. Wer auf die Kosten guckt, dem ist weniger zum Jubeln zumute. Lohnt sich das Mammutprojekt? Sina Fröhndrich aus der Wirtschaftsredaktion hat nachgerechnet.

Zuerst ein Blick auf die reinen Zahlen: Zehn Milliarden Euro hat das Projekt gekostet, zig Tunnel wurden gebaut, unter anderem durch den Thüringer Wald. Dazu einige Brücken. Das Ganze sieht ziemlich beeindruckend aus, hat aber auch ewig gedauert. 

Die Idee zur Schnellstrecke stammt aus den 90er Jahren. Rein betriebswirtschaftlich betrachtet, hat sich das Megamilliardenprojekt nicht gelohnt, sagt der Berliner Verkehrsprofessor Christian Böttger. Die Rechnung geht allerdings auf, wenn ihr den Studiengang wechselt und volkswirtschaftliche Maßstäbe anlegt. Dann sprechen weniger Emissionen bei der Bahn und weniger Verkehrsunfälle, weil weniger Leute ins Auto steigen, ganz klar für die neue Strecke. 

"Es gibt ein volkswirtschaftliches Standardmodell, mit dem sämtliche Verkehrsprojekte in Deutschland gerechnet werden und danach ist es klar positiv."
Christian Böttger, Berliner Verkehrsprofessor

Die Preise für Bahntickets steigen

Die Kosten für den Bau trägt der Bahnfahrer – zumindest indirekt. Ab Sonntag werden alle Ticketpreise teurer. Aber das hat eigentlich nichts mit dem Bau der neuen Strecke zu tun, sondern ist Standard bei der Bahn: Jeden Dezember gibt es einen neuen Fahrplan und dazu neue Preise.

Wer schneller sein will, zahlt mehr

Trotzdem lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Im Vorfeld war oft zu hören: Berlin München wird teurer. Sina Fröhndrich hat genauer hingeschaut und festgestellt:  Eigentlich wird es eher günstiger. Wer noch heute nach dem alten Fahrplan fährt, zahlt rund 136 Euro. Ab Montag sind es dann nur 132 Euro. 

Aber: Ab Montag seid ihr zwei Stunden kürzer unterwegs. Kürzere Strecke, dass müsste eigentlich auch einen niedrigeren Ticketpreis bedeuten. Das ist hier allerdings nicht der Fall. Die Bahn verlangt eine Art Tempozuschlag. Unterm Strich bleibt aber stehen: Fast der gleiche Preis, aber dafür deutlich schneller.

Gewinner Erfurt, Verlierer Jena

In vielen Städten entlang der neuen Route wird heute gefeiert. Berlin und München gewinnen durch die neue Strecke. Aber auch Nürnberg und Halle sind besser angebunden. Das gilt noch mehr für Erfurt, das viel schneller zu erreichen ist. Es gibt aber auch Verlierer. Etwa Erfurts Nachbarin Jena, die ein bisschen abgehängt wird. 

Jena wird abgehängt

Wer von Jena nach Leipzig fährt, brauchst zukünftig mehr Zeit - und schnelle Verbindungen gibt es auch seltener. Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin spricht von einer Schlacht zwischen Jena und Erfurt. Sein Fazit:  Erfurt hat gewonnen, auch weil die Politik das so wollte. 

"Ein arroganter Berliner oder ein arroganter Münchener würde sagen: 'Was müssen wir auf den Dörfern unterwegs halten, wenn man geradeaus durchgefahren wäre, wäre es schneller.'"
Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin

Es gibt ein Gutachten, das zum Schluss kommt: Die Strecke wäre ohne Erfurt noch schneller und billiger gewesen. Und es gibt einige Länder, die bewusst auf Zwischenhalte verzichten. So können Reisende in Frankreich in zweieinhalb Stunden von Bordeaux nach Paris fahren, ebenfalls rund 600 Kilometer. Und auch von Rom nach Mailand geht es deutlich schneller als in Deutschland. Die Deutsche Bahn setzt auf ein anderes Konzept: Züge sollen in die Innenstädte fahren. 

Konkurrenz für die Fluglinien

Ob die neue Schnellstrecke ein Konkurrent für die Fluglinien ist, wird sich zeigen. Die Lufthansa fliegt die Strecke zurzeit als Monopolist und ist sich sicher: Wer diese Strecke bucht, fliegt meist noch weiter und legt dafür einen Zwischenstopp in Berlin ein. Dazu kommt: Flugpreis und Bahnpreis nehmen sich manchmal gar nicht so viel.

Trotzdem geht Sina Fröhndrich davon aus:  Langfristig wird es einen Konkurrenzkampf mit den Inlandsflügen geben. Weil der Münchener Flughafen weit draußen liegt und der Berliner Flughafen ein Nadelöhr ist. Und selbst wenn eines fernen Tages der neue Flughafen in Berlin fertig sein sollte, liegt der sehr weit außerhalb der Innenstadt. Die Bahn ist auf dieser Strecke also eine interessante Alternative. Und wer nur aufs Geld guckt: Am Günstigsten bleibt auf dieser Strecke der Bus - dann dauert es allerdings auch am Längsten.

Shownotes
Neue Bahnstrecke
Highspeed von München nach Berlin
vom 08. Dezember 2017
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Sina Fröhndrich, Wirtschaftsredaktion