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Egal ob Koalitionsverhandlungen, internationale Klimagespräche oder Tarifstreitigkeiten – es ist nicht ungewöhnlich, dass sie ganze Nächte dauern. Doch was kommt dabei heraus, wenn die Verhandlungspartner*innen kaum schlafen und völlig übermüdet Kompromisse schließen?

Eigentlich wissen viele Politiker*innen selbst, dass es sich ausgeschlafen am besten verhandelt. Vizekanzler Robert Habeck hat das 2021 – während der Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grünen und FDP – im Deutschlandfunk bestätigt.

"Wenn man sich um 17 Uhr zu Vorbesprechungen trifft, um 21 Uhr zur Hauptrunde und dann verhandelt man open end – was soll denn dabei rauskommen? Alle sind übermüdet, eher genervt und dadurch schlecht gelaunt."
Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) 2021 im Deutschlandfunk

Und trotzdem kommt es häufig vor, dass sich Verhandlungen durch die ganze Nacht ziehen. Manchmal muss ja auch dringend ein schnelles Ergebnis her, etwa in Krisensituationen oder bei Friedensverhandlungen. Doch auch Verhandlungen, die sich prinzipiell tagsüber abschließen ließen, werden oft bis in die Morgenstunden ausgedehnt.

Einfluss auf das Verhandlungsergebnis

Schlafforscherin Christine Blume sagt, dass nächtliche Konferenzen einen Einfluss auf das Verhandlungsergebnis haben. Denn wer nachts verhandelt, trifft Entscheidungen zu einer Zeit, in der die innere Uhr eigentlich sagt: "Geh schlafen!" Das Problem: Zu wenig Schlaf kann negative Emotionen verstärken.

"In Studien findet man sehr konsistent: Schlafmangel fördert negative Emotionen und dämpft positive. Auch von kleinen Ärgernissen lässt man sich dann schneller aus dem Lot bringen."
Christine Blume, Schlafforscherin an der Uni Basel

Wichtig beim Verhandeln ist auch, dass alle Teilnehmenden die Zusammenhänge noch gut erfassen können – sie müssen also noch exakt verstehen, worum es bei den verschiedenen Vorschlägen, die auf dem Tisch liegen, geht.

Motivation und kognitive Leistungsfähigkeit leiden

Auch hier spielt der Schlafmangel eine entscheidende Rolle, denn darunter leiden sowohl die Motivation als auch die kognitive Leistungsfähigkeit, erklärt Christine Blume. Deshalb könne Schlafmangel am Ende durchaus zu einem "suboptimalen Ergebnis" führen.

Sind Politikschaffende solche Situationen besser gewohnt?

Wichtig ist aber auch: Studien, in denen untersucht wird, wie sich Schlafmangel auf Menschen auswirkt, werden nicht mit Politiker*innen gemacht. Es ist also möglich, dass diese sehr viel besser mit derartigen Situationen umgehen können als die Probandinnen und Probanden.

"Die Übertragbarkeit von Studienergebnissen auf reale Verhandlungssituationen kann manchmal eingeschränkt sein."
Christine Blume, Schlafforscherin an der Uni Basel

Außerdem sind politische Verhandlungen extrem komplexe Situationen: Es gibt ein gemeinsames Ziel, aber jede Partei hat auch eigene Interessen. Der Aufbau wissenschaftlicher Experimente ist aber oft sehr sehr viel einfacher – auch, weil sich eine derart komplexe Situation gar nicht künstlich herstellen lässt, weil die Situation im Experiment absolut kontrolliert sein muss.

Dennoch wünscht sich die Schlafforscherin, dass – zumindest bei planbaren Debatten und Diskussionen – vor allem tagsüber und ausgeschlafen verhandelt wird.

Wir freuen uns über euer Feedback und Themenvorschläge an ueberschlafen@deutschlandfunknova.de.

Shownotes
Verhandlungen in der Nacht
Was macht Schlafmangel mit Politikern?
vom 12. März 2024
Moderation: 
Ilka Knigge
Gesprächspartnerin: 
Dr. Christine Blume, Schlafforscherin und -therapeutin an der Uni Basel
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