Sorry hier, sorry da ist irgendwann nur noch eine Floskel, die nicht mehr ernst genommen wird. Wir sollten die ständige Entschuldigung besser durch ein "Danke" ersetzen, meint Autorin Tara-Louise Wittwer.
Leute, die sich ständig entschuldigen, fallen in die Kategorie People-Pleaser, Menschen, die ständig alles richtig machen wollen. Sie haben Angst anzuecken, für sich einzustehen, etwas zu fordern, sagt Tara-Louise Wittwer, die das aus eigener Erfahrung kennt. "Ich habe wörtlich Dinge in mich hineingefressen und heruntergeschluckt. Das hat mich am Ende krank gemacht."
Sich ständig Entschuldigen hat mit mangelndem Selbstwertgefühl zu tun
Über viele Jahre hat sie daran gearbeitet, ihr Selbstwertgefühl aufzubauen und über sich und ihr Verhalten nachzudenken. "Verstehen, dass ich, wenn ich für mich selbst einstehe, nicht automatisch eine schlechte Person bin. Oder Leute, die sauer reagieren, weil ich eine Grenze gezogen habe, nicht automatisch das Recht dazu haben. Meist waren es eben die Leute, die mich ausgenutzt haben", erzählt Tara-Louise Wittwer. "Das alles zu verstehen und Mechanismen zu hinterfragen, hat mir viel geholfen", sagt sie.
Seit sie nicht mehr vor und hinter jede Aussage noch ein "Sorry" hängt, gehe es ihr deutlich besser. "Ich weiß, wer ich bin und wer ich sein will", sagt Tara-Louise Wittwer. Sie appelliert an die Menschen, denen es ähnlich geht wie ihr damals, dass sie verstehen, dass sie sich nicht kleiner machen müssen, um gehört zu werden oder um etwas zu bekommen.
"Mein Appell: Das ständige Sorry, sorry durch ein Danke ersetzen."
Anstelle der Entschuldigung wie "sorry, dass ich zu spät komme", die vielleicht nicht einmal ernst gemeint ist und nur als Floskel daherkommt, besser zu sagen: "Danke, dass du auf mich gewartet hast. Danke für deine Zeit."
Für gesellschaftliches Zusammenleben sind Entschuldigungen wichtig
Ihre Auseinandersetzung mit unserer Entschuldigungskultur hat sie in dem Buch "Sorry, aber ... Eine Verzichtserklärung an das ständige Entschuldigen" aufgeschrieben.
"Entschuldigen ist wichtig fürs Zusammenleben, es gehört zu unserer gesellschaftlichen Norm."
Aber auch wenn es in unserer Gesellschaft erwartet wird, dass wir uns für etwas entschuldigen, was nicht korrekt war, gibt es immer wieder Leute, die sich nicht entschuldigen, sagt Tara Louise Wittwer. "Ich habe mich auch schon mal nicht entschuldigt, weil ich es nicht eingesehen haben. Ich glaube, jeder hat sich mal irgendwo nicht entschuldigt, wo andere das erwartet hatten."
In einer Beziehung zu einem anderen Menschen in der Partnerschaft, in der Familie oder bei der Arbeit werden Entschuldigungen erwartet. Entscheiden wir uns dazu, uns nicht zu entschuldigen, verschlechtert das die Beziehung. "Aber wenn man sich entschuldigt, verbessert man sie nicht unmäßig, weil es gang und gäbe ist, weil eine Entschuldigung erwartet wird", sagt Tara Louise Wittwer.
"'Hey, du hast mir wehgetan. Du hast mir etwas angetan. Du hast mit Unrecht getan. Natürlich musst du dich jetzt entschuldigen.' Wenn die Entschuldigung dann ausbleibt, verschlechtert das die Beziehung."
Wenn Tara-Louise Wittwer sich aus tiefster Überzeugung entschuldigt, dann bittet sie darum: "Meinem Verständnis nach muss ich um Entschuldigung bitten. Und auch das habe ich gelernt, dass eine Entschuldigung von mir auch abgelehnt werden kann."
Es gebe auch Ereignisse, für die wir nicht um Entschuldigung bitten könnten, sondern nur äußern, dass es uns leidtut. Das bedeutet noch keine Entschuldigung, erklärt Tara-Louise Wittwer. "Wenn jemand einen Unfall verursacht oder einen Hund überfahren hat, dann sind das Ereignisse, die einem leidtut, worum man aber gar nicht um Entschuldigung bitten kann", sagt sie.
Das Buch
"Sorry, aber ... Eine Verzichtserklärung an das ständige Entschuldigen" von Tara-Louise Wittwer, erschienen im Knaur Verlag
Sachbuch Paperback, 208 Seiten, 18 Euro, ET: 02.05.2024.