Wieder ist in Großbritannien ein Ex-Spion vergiftet worden. Der Zustand des ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal gilt als kritisch. Wir haben mit dem deutschen Ex-Spion Leo Martin über die Risiken der Spionagetätigkeit gesprochen. Über den Vorfall in London wundert er sich übrigens kein bisschen.
Es ist ein besonders mysteriöser Fall wie aus einem James-Bond-Film: In Großbritannien sind ein ehemaliger russischer Doppelagent und seine Tochter bewusstlos aufgefunden worden. Vergiftet mit einem Nervengift, das berichtet die britische Polizei. Beide ringen im Krankenhaus um ihr Leben. Die britische Anti-Terror-Polizei hat die Ermittlungen übernommen. Der Fall erinnert an den Giftmord an dem russischen Ex-Spion Alexander Litwinenko.
"Ich hab mir gedacht, das ist wieder eine dieser Schlagzeilen. Wenn du aus der Branche kommst, dann ist das nichts Neues. Diese Fälle sind gottseidank selten."
Leo Martin ist ehemaliger deutscher Inlandsgeheimdienstler, der jahrelang in der Abteilung Organisierte Kriminalität gearbeitet hat. Er kennt sich bestens in der Branche aus. Für ihn ist der Vorfall in London nix Besonderes. Alle ein bis zwei Jahre würden sich solche Fälle wiederholen. Je nach Auftraggeber und Operation bringe der Job des Agenten eben große Risiken mit sich - bis hin zu Mord.
"Man kann davon ausgehen, dass der ehemalige Kollege in brisanten Operationen unterwegs war und dass er über ein Wissen verfügt, das anderen unangenehm ist. Und da kann es passieren, was diesem Kollegen passiert ist."
Leo Martins eigene Tätigkeit beim deutschen Inlandsgeheimdienst, der Bürgerrechte und Freiheiten ernst nimmt, wie er sagt, sei damit nicht zu vergleichen.
"Ein russischer Geheimdienst, ein chinesischer oder der Mossad. Hier werden andere Operationen gefahren. Das sind Nachrichtendienste, die auch vor Mord nicht zurückschrecken."
Die beste Legende liegt dicht an der Wahrheit
Die erste Regel im Beruf des Agenten lautet: Stillschweigen bewahren. "Das lernst du an Tag eins, Stunde eins, Minute eins", erzählt Leo Martin. Dann müsse ein Agent sich eine Geschichte überlegen, um seine Tätigkeit vor seinem Umfeld zu vertuschen. Die beste Geschichte ist immer die, die am dichtesten an der Wahrheit liegt, sagt er. Wichtig sei, dass sie zu dir, deinem Leben und den Arbeitszeiten passe und für das Umfeld schlüssig sei.
"Wenn du Operateur bei einem Geheimdienst bist, dann weiß niemand um dich herum Bescheid, was du machst."
Eine neue Identität für einen Spion sei nur dann erforderlich, wenn dieser bei seiner Tätigkeit aufgefallen ist, oder in brisanten Operationen tätig war. Ansonsten kann ein Spion irgendwann auch wieder seinen bürgerlichen Namen annehmen. Schutzprogramme für Spione gebe es in der Realität nur in absoluten Ausnahmefällen. "Das sind sehr aufwendige und kostenintensive Maßnahmen, die nicht allzu oft getroffen werden", sagt der ehemalige Agent.
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