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Die Wissenschaftsfreiheit in den USA ist durch die Trump-Regierung massiv unter Druck. Das ist ein Problem für die US-Demokratie und die weltweite Forschung. Auch Jakob Wiedekind, der an der University of North Carolina arbeitet, bekommt das zu spüren.

"Wir müssen die Universitäten angreifen", das hat der heutige US-Vizepräsident JD Vance bereits 2021 angekündigt. Nun wird diese Drohung wahr gemacht. Seine zweite Amtszeit nutzt US-Präsident Donald Trump, um die Wissenschaft zu attackieren – per Dekret und damit am Kongress vorbei. Er stampft Forschungszweige zusammen, die nicht in sein Weltbild passen. Betroffen sind vor allem Bereiche wie Klima sowie Gender- und Diversityforschung. Aber auch in der Medizin sind die Krebs-, Alzheimer- und Impfstoffforschung um Milliarden gekürzt worden.

Die Beschneidung von US-Forschung hat weltweite Auswirkungen

Das Vorgehen Trumps hat nicht nur für einzelne Wissenschaftler*innen und ihre Karrieren bittere Konsequenzen. Es droht, die Forschung in einem Land zu zerstören, das wie kein anderes – eigentlich – für Freiheit steht.

Was Trump mit der Forschung macht, gefährdet auch die Demokratie, sagt Alexandra-Gwyn Paetz, Geschäftsführerin der Berlin University Alliance, einem Verbund der vier größten Forschungseinrichtungen in Berlin. "Die freie Wissenschaft ist auch die Keimzelle der Demokratie, weil sie überhaupt erst ermöglicht, sich faktengetreu zu informieren."

"Wissenschaft lebt von Freiheit. Und dass die in dem Land, das für Freiheit steht, in so kurzer Zeit so massiv attackiert wird, lässt mich sprachlos zurück."
Alexandra-Gwyn Paetz, Geschäftsführerin der Berlin University Alliance

Dass die Vereinigten Staaten in der Forschung nicht mehr das Land der Freiheit und der unbegrenzten Möglichkeiten sein sollen, habe bei vielen an der Uni Enttäuschung ausgelöst, stellt Jakob Wiedekind fest. Er stammt aus Deutschland und arbeitet als Juniorprofessor an der University of North Carolina.

Wiedekind beobachtet eine große Verunsicherung unter den Studierenden, genauso wie auch unter den Forschenden, Wissenschaftler*innen und Professor*innen. Sie alle treibe die Sorge um, keine wissenschaftliche Zukunft mehr in den USA zu haben.

Europa als alternativer Forschungsstandort?

Ein Ausweg für Studierende und Forschende könnte sein, an europäische Unis zu wechseln. Dass das im Laufe der Amtszeit von Trump für mehr und mehr Wissenschaftler*innen eine Option werden könnte, glauben auch viele Länder in der EU, darunter Deutschland. So hat die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege in Berlin angekündigt, dass sie einen Fonds einrichten wird, der dabei helfen soll, Forschende aus den USA zu gewinnen.

Noch ist es zwar nicht so, dass sich vermehrt Forschende aus den USA auf Stellen in Berlin bewerben, sagt Alexandra-Gwyn Paetz. Allerdings geht sie davon aus, dass es mit der Zeit und vor allem in den betroffenen Forschungsbereichen mehr werden. Bis dahin gelte es, das deutsche Wissenschaftssystem, das viel Vorlaufzeit brauche, darauf vorzubereiten, so dass entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen und Stellen unter Umständen kurzfristiger besetzt werden können.

Trumps Kahlschlag als Chance für Europa?

Ist es vielleicht sogar tatsächlich eine Chance, wenn herausragende Wissenschaftler*innen infolge von Trumps Kahlschlag ihre Forschung nach Europa verlegen? Alexandra-Gwyn Paetz weigert sich, das so zu formulieren. Vielmehr betont sie: "Wenn die Wissenschaft in den USA nicht frei ist oder zunehmend beschnitten wird, ist das keine gute Nachricht. Denn es hat Folgen für die Forschung weltweit." Sie verweist auf Kooperationen mit amerikanischen Universitäten und Daten, auf die deutsche Forschende zugreifen.

"Die USA ist die stärkste Wissenschaftsnation der Welt. Was gerade passiert, wird sich auf die Forschung weltweit auswirken."
Alexandra-Gwyn Paetz, Geschäftsführerin der Berlin University Alliance

Dennoch plädiert Alexandra-Gwyn Paetz dafür, dass die Forschung in Europa Vorbereitungen trifft und sich vor allem zusammentut. "Wenn wir auf uns alleine gestellt sind, braucht es einen europäischen Rahmen für den Umgang mit Forschungsdaten. Aber auch, wenn es um die Akquisitionen von Professuren geht."

Der Fachbereich, in dem Jakob Wiedekind arbeitet, ist bis jetzt nicht von den Kürzungen betroffen. Allerdings bekommt der Juniorprofessor den Druck und die Verunsicherung indirekt zu spüren. Weil er an einer öffentlichen Universität arbeitet, ist sein gesamter E-Mail-Verlauf einsehbar. Das habe schon Einfluss darauf, wie stark man seine eigene Meinung bezüglich der US-Regierung formuliert, sagt er.

"In meinen E-Mails, die öffentlich einsehbar sind, bin ich deutlich vorsichtiger geworden, wenn es um eine offensichtliche Kritik an Trump geht."
Jakob Wiedekind, Juniorprofessor an der University of North Carolina

Seine Professur ist auf zwei Jahre ausgelegt. Stand jetzt will Jakob Wiedekind, wenn er die Möglichkeit bekommt, weiter in den USA arbeiten. Er mag seinen Fachbereich, die Uni und die Studierenden. Und dann fügt er hinzu: "Ich möchte auch Teil der Bewegung sein, die akademische Offenheit und wissenschaftliche Freiheit in Amerika aufrechterhält. Wenn ich dazu einen winzigen Beitrag leisten kann, indem ich hierbleibe, mache ich das."

Zum Bild: Zu sehen sind drei Personen, die am 07.03.2025 gemeinsam mit tausenden Menschen unter dem Motto "Stand up for Science" für die Wissenschaftsfreiheit und gegen das Vorgehen der US-Regierung protestiert haben.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
USA
Welche Folgen hat Trumps Kampf gegen die Wissenschaft?
vom 27. März 2025
Moderation: 
Rahel Klein
Gesprächspartner: 
Jakob Wiedekind, Juniorprofessor an der University of North Carolina
Gesprächspartnerin: 
Alexandra-Gwyn Paetz, Geschäftsführerin Berlin University Alliance
Gesprächspartnerin: 
Jana Niehof, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin