Bayer-Tochter Monsanto soll rund 80 Millionen US-Dollar Schadensersatz an einen krebskranken Kläger zahlen. Dlf-Wirtschaftskorrespondent Mischa Ehrhardt erklärt, was das für den Einsatz von Glyphosat und für das Unternehmen bedeutet.
Das Gericht in San Francisco hat entschieden: Bayer-Tochter Monsanto muss rund 80 Millionen US-Dollar Schadensersatz an den Kläger Edwin Hardeman zahlen. Der Rentner hatte jahrzehntelang das Unkrautvernichtungsmittel Roundup von Monsanto verwendet. 2015 wurde bei Edwin Hardeman Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert – und er verklagte das Unternehmen auf Schadensersatz. Denn Roundup enthält Glyphosat, und das steht unter Verdacht, krebserregend zu sein.
Es ist das zweite Urteil dieser Art: Schon 2018 wurde einem anderen Kläger in den USA eine ähnlich hohe Summe zugesprochen. Unser Korrespondent Mischa Ehrhardt sagt: Mit dem zweiten Urteil eines US-Gerichts kann jetzt offiziell von einer Verbindung zwischen Krebs und Glyphosat ausgegangen werden.
"Wenn man sich das Urteil in San Francisco ansieht, dann kann man diese Verbindung ziehen."
Die Aussagen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu Glyphosat sind nicht eindeutig: Kritiker von Glyphosat berufen sich vor allem auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Deren "International Agency of Research on Cancer" (IARC) hatte 2015 Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft.
Glyphosat-Studien zum Teil von Industrie finanziert
Institutionen wie die US-Umweltbehörde haben sich hingegen auf Studien bezogen, denen zufolge Glyphosat nicht krebserregend ist, sagt Mischa Ehrhardt.
"Das hängt offenbar sehr stark von den Studien ab, die man da ranzieht. Und inwieweit die Industrie ihre Finger im Spiel hat."
Eine Studie, die in der Fachzeitschrift Environmental Sciences Europe erschienen ist, hat untersucht, wie Kritiker und Befürworter ihr Urteil begründen. Dabei kam heraus, dass Institutionen und Behörden in den USA, die Glyphosat zugelassen haben, sich vor allem auf Studien berufen haben, die von der Industrie finanziert und nicht veröffentlicht wurden. Die WHO hatte sich dagegen in der Mehrzahl auf veröffentlichte wissenschaftliche Studien berufen: Hier kamen 70 Prozent der Studien zum Schluss, dass Glyphosat krebserregend sei.
Glyphosat-Urteil könnte gefährlich für Bayer werden
Das Verfahren war ein sogenannter "Bellwether-Case". Das ist eine Art Musterverfahren, nach dem sich andere Klägerinnen und Kläger richten können, wenn sie einen Vergleich mit Bayer eingehen wollen. Dann könnten sie sich zum Beispiel an der ausgehandelten Schadenssumme orientieren – und das könnte teuer für Bayer werden.
"Dann kann das in die Milliarden gehen. Und das kann dann, wenn es ganz schlecht läuft, sogar einen Konzern wie Bayer in die Knie zwingen."
Nach außen zeigt sich Bayer trotzdem weiter gelassen, sagt unser Korrespondent. Aber an der Börse hat der Börsenkurs des Unternehmens seit den Schwierigkeiten mit Glyphosat-Klägern um 45 Prozent nachgegeben (Stand: 28. März 2019). Das liege daran, dass die Analysten genau auf die Urteile schauten – die Schadensersatzsummen, die den Klägern bisher zugesprochen wurden, sind hoch. Und weitere Klägerinnen und Kläger warten noch in den USA auf ihre Verhandlung.
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