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Stopp der Ukraine-Hilfe, Massenentlassungen in der Verwaltung, Missachten der Verfassung: US-Präsident Trump scheint derzeit zu machen, was er will. Wieso bekommt er in den USA dafür so wenig Gegenwind aus der Bevölkerung und der Demokratischen Partei?

Er unterzeichnet ein Dekret nach dem anderen – der Republikaner Donald Trump ist keine zwei Monate im Amt und baut den Staat in großem Maße um.

Viele fragen sich: Wo sind eigentlich die Demokraten? Gucken sie gerade nur wie verschreckte Erdmännchen kurz mal aus im Bau, um dann wieder im Untergrund zu verschwinden, oder passiert auch was? Und warum scheint es auch in der amerikanischen Bevölkerung bisher wenig Proteste gegen die Politik des Präsidenten zu geben? Diese Fragen versuchen wir zu klären.

Nicole Groß ist Kommunikations-Koordinatorin bei der Auslandsorganisation der US-Demokraten und lebt in Deutschland. Sie sagt, sie schläft im Moment sehr schlecht und ärgert sich jeden Morgen über die News aus den USA.

"Ich habe kein Handy mehr im Schlafzimmer, weil ich einfach nicht mehr schlafen würde. Ich schlafe wegen der Politik der USA eh schon schlecht."
Nicole Groß, Kommunikations-Koordinatorin bei der Auslandsorganisation der US-Demokraten

Nach der Präsidentschaftswahl in den USA im November war Nicole Groß geschockt. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Trump die Wahl gewinnen würde. Sie sagt, das sei jetzt immer noch so.

"Es ist jeden Morgen aufs Neue so, dass man sich ärgert, dass man wütend ist, dass man die Welt nicht mehr versteht."
Nicole Groß, Kommunikations-Koordinatorin bei der Auslandsorganisation der US-Demokraten

Die Democrats Abroad in Deutschland haben etwas 15.000 Mitglieder. Die Aufgabe von Nicole ist es, sie zu mobilisieren, um etwas gegen die Politik von Donald Trump zu unternehmen. "Wir arbeiten alle, es ist aber tatsächlich so – das kann ich nachvollziehen –, dass es nicht besonders medienwirksam ist, dass wir jeden Tag zum Beispiel unsere Mitglieder dazu auffordern, ihre Repräsentanten und Hausabgeordneten anzurufen oder ihre Senatoren, weil sie das auch spüren müssen", sagt sie.

Insgesamt teilt die Demokratin jedoch den Eindruck, dass es gerade nicht so viel Widerstand gibt. Sie macht dafür verschiedene Gründe aus. Erstens würden sich viele nicht trauen, etwas zu sagen: "Ich sehe natürlich auch einzelne Politiker, die sich trauen. Aber man hat tatsächlich das Gefühl, dass man den Kopf nicht zu weit rausstrecken möchte, weil man weiß, dass Trump um sich schlägt."

Wenn "Checks and Balances" nicht greift

Ein weiterer Punkt sei, dass das amerikanische System der politische Kontrolle derzeit nicht so funktioniere, wie es eigentlich sollte. "Es gibt hier eigentlich eine Trennung der Kompetenzen. Es gibt eigentlich eine gegenseitige Kontrolle, die einfach nicht greift. Vieles, was Trump momentan macht oder meint, machen zu können, darf er gar nicht laut Gesetz, das ist gar nicht seine Aufgabe", sagt Nicole Groß.

Aber die Republikaner*innen haben im Kongress die Mehrheit. Und wenn dort niemand etwas sage und stattdessen alle nicken und akzeptieren, "dann greift das System nicht, wie es soll. Und dann stehen wir wirklich vor einem Scherbenhaufen", so die Demokratin.

"Man überflutet uns, dass wir nach Luft schnappen müssen, und dann weiß man gar nicht, wo man anpacken soll."
Nicole Groß, Kommunikations-Koordinatorin bei der Auslandsorganisation der US-Demokraten

Eine Strategie, die Steve Bannon vor Jahren ins Spiel gebracht hatte, war "Flood the Zone". Damit ist gemeint: Man überschüttet die andere Seite einfach, damit sie überwältigt ist, damit sie nicht mehr weiter weiß. Und genau das passiere gerade.

Die Republikaner haben überall die Mehrheit

Der Kongress ist die Legislative der USA und hat seinen Sitz im Kapitol. Er besteht aus zwei Kammern. Sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat haben derzeit die Republikaner die Mehrheit. Erst in zwei Jahren wird wieder gewählt.

Laura von Daniels, Leiterin der Forschungsgruppe Amerika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, geht davon aus, dass es bis zu den kommenden Kongresswahlen relativ still um die Demokraten bleiben wird. Die Partei müsse sich derzeit neu finden und auch neue Kandidaten aufbauen.

"Die Partei muss sich neu aufstellen. Sie muss neue Führungsfiguren finden und irgendwann perspektivisch natürlich auch eine neue Kandidatin oder einen neuen Kandidaten für die nächste Präsidentschaftswahl."
Laura von Daniels, Leiterin der Forschungsgruppe Amerika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik

Laura von Daniels beobachtet ebenfalls, dass Trump wenig Gegenwind bekommt. Anders als während seiner letzten Amtszeit, als noch viele Menschen auf die Straßen gingen, zum Beispiel beim March on Washington oder bei der Black-Lives-Matter-Bewegung.

Die Politikwissenschaftlerin erklärt die ausbleibende Opposition ähnlich wie die Demokratin Groß: Die US-Amerikaner*innen würden dermaßen überschüttet mit Aktionen und Maßnahmen von Donald Trump, dass es sie komplett überfordere.

"Hinzu kommt, dass viele Leute immer noch unter Inflation und anderen widrigen wirtschaftlichen Umständen leiden", sagt Laura von Daniels, "und in so einer Situation, in der die eigene Existenz bedroht ist, durch steigende Preise, durch steigende Mietpreise, ist die Frage: Wie viel Kapazität hat man dann noch frei, um wirklich für politische Oppositionsarbeit auf die Straße zu gehen?"

Folgen der Politik werden erst später spürbar

Möglicherweise hängt der ausbleibende Protest auch damit zusammen, dass die Politik von Donald Trump erst nach und nach für die Bevölkerung spürbar wird. Zum Beispiel wenn der US-Präsident die Handelspolitik verändere und Zölle gegen Kanada, Mexiko, China und demnächst wahrscheinlich auch gegen die Europäische Union erhebt. "Dann hat das zur Folge, dass die Konsumentenpreise in den USA steigen. Und das werden die Leute spüren. Und dann wächst sicherlich auch der Unmut", sagt Laura von Daniels.

"Wenn er im Bereich Gesundheitsversorgung das umsetzt, was er angedroht hat, denke ich, dass das die Leute wieder in die Opposition treiben wird."
Laura von Daniels, Leiterin der Forschungsgruppe Amerika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik

Ähnliche Entwicklungen sieht Laura von Daniels im Zusammenhang mit den Finanzmärkten. Wenn die verunsichert würden und daraus starke Schwankungen bei wichtigen Aktienkursen entstehen, dann werde der Gegenwind für den US-Präsidenten wieder stärker. Ebenso, wenn er – wie angekündigt – noch weitere Kürzungen im Gesundheits- und Sozialsystem der USA vornehmen werde.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Nach Eklats im Weißen Haus
Kaum jemand protestiert in den USA gegen Trump
vom 04. März 2025
Moderatorin und Host: 
Rahel Klein
Gesprächspartnerin: 
Laura von Daniels, Leiterin der Forschungsgruppe "Amerika" bei der Stiftung Wissenschaft und Politik
Gesprächspartnerin: 
Nicole Groß, Kommunikations-Koordinatorin bei der Auslandsorganisation der US-Demokraten