Vor über einem Jahr, im Mai 2018, hat US-Präsident Donald Trump das Atomabkommen mit Iran einseitig aufgekündigt und das Land mit den "härtesten Sanktionen aller Zeiten" überzogen. Was das für die Menschen in Iran bedeutet, berichtet unsere Korrespondentin Karin Senz.
Der Konflikt zwischen den USA und Iran trifft vor allem die iranische Bevölkerung. Der Rial, die iranische Währung, hat in den vergangenen Monaten extrem an Wert verloren, berichtet unsere Korrespondentin Karin Senz. Und das bedeutet: Geld ist kaum noch etwas wert.
US-Sanktionen verteuern Waren
Viele Menschen können sich deshalb zum Beispiel keinen Urlaub mehr leisten. Aber das ist noch ein vergleichsweise kleines Problem. Ärmere Iraner müssen mittlerweile sogar auf teurere Lebensmittel verzichten – Fleisch zum Beispiel.
"Früher habe ich das Schulgeld für meine Kinder problemlos zahlen können. Jetzt ist das nicht mehr so. Ich muss die Schule darum bitten, dass sie mir einen Aufschub gewährt. Aber die ist selber knapp. Wir versuchen zu sparen, wo es geht. "
Das fehlende Geld macht sich auch in vielen anderen Bereichen bemerkbar, berichtet Karin weiter. Eltern zum Beispiel haben Probleme, das nötige Geld für die Bildung ihrer Kinder aufzubringen. Und durch die zunehmende Not im Land nähmen auch Diebstähle zu.
Nicht nur die Armen, selbst die Reichen im Lande spüren die Einschnitte: Es wird weniger gefeiert, erzählt Aydin, der als Zahnarzt arbeitet und zum Beispiel Probleme hat, genug Narkosemittel für seine Patienten zu besorgen. Und auch angelegtes Geld ist natürlich weniger wert, wenn die Währung schwächelt.
Auch Iran ist Schuld an der Not seiner Bevölkerung
Ganz allein an den Sanktionen liegt das alles aber nicht, sagt Karin: "Im Iran gibt es schon seit Längerem Kritik an Misswirtschaft, Vetternwirtschaft und Korruption. Und all das zusammengemischt, glaube ich, trägt zu dieser Lage bei, in der die Menschen gerade sind.“ Und auch die strengen Regeln, die in Iran herrschen, belasten die Menschen.
Insbesondere junge Iranerinnen und Iraner wünschen sich mehr Freiheit. Einerseits sind sie zwar wütend auf den US-Präsidenten Donald Trump, dem sie zumindest Mitschuld an ihrer Situation geben, erklärt unsere Korrespondentin. Andererseits haben die USA in Iran auch ein gutes Image. Die jungen Menschen sehen die Staaten als ein freies und buntes Land, erzählt Karin.
Jungen Iranern fehlt Perspektive
Vielen, vor allem jungen Menschen, fehlt durch die politische und wirtschaftliche Situation die Perspektive im Land. Und dann ist da noch die Angst vor einem Krieg, die immer mitschwingt, auch wenn sie von vielen verdrängt wird, wie Karin sagt. Manche Iraner entscheiden sich, auszuwandern, weil sie in Iran schlicht keine Zukunft für sich sehen. Es gibt aber auch solche, sagt Karin, die sich arrangieren, anpassen und im Rahmen der Möglichkeiten gut leben. Die wollen trotz allem bleiben.
"Ich glaube, wer die Möglichkeit hat, versucht tatsächlich, das Land zu verlassen."
Immerhin: Es gibt auch ein wenig Hoffnung. Iran und die USA müssen dringend wieder miteinander reden, sagt Karin, und es könnte tatsächlich sein, dass das passiert. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif war kürzlich in New York, erzählt sie. Es gibt Spekulationen, dass er dabei Gespräche vorbereitet haben könnte.
"Wichtig ist, dass die USA und der Iran wieder miteinander reden."
Denn im Herbst wird in den USA eine große UN-Vollversammlung stattfinden, an der auch Sarif und Irans Präsident Hassan Rohani teilnehmen sollen. Am Rande könnte es dann Gespräche geben. Und das wäre jetzt sehr sehr wichtig, betont Karin Senz.