Für Donald Trump ist es der "Liberation Day": der Tag, an dem er pauschal zehn Prozent Zoll auf alle Waren erhebt, die in die USA importiert werden. Weitere Strafzölle folgen. Damit verfolgt der US-Präsident eine Agenda, erklärt Nicolas Lieven.
US-Präsident Donald Trump hat bereits vor Wochen angekündigt, umfassende Zölle zu erheben. Und er hat das gegenüber bestimmten Ländern beziehungsweise bei bestimmten Waren wie Stahl und Aluminium auch schon getan. Nun hat er am "Liberation Day" weitere Zölle angekündigt und teilweise bereits umgesetzt:
- Basiszoll für alle importierten Waren von zehn Prozent: gilt seit dem 5. April (strategisch wichtige Waren wie Arzneimittel, Halbleiter und Holz sind davon ausgenommen)
- Strafzölle für sehr viele Länder weltweit (beispielsweise 20 Prozent Zoll auf Waren aus der EU; 34 Prozent Zoll für Waren aus China; 50 Prozent Zoll auf Waren einzelner Länder wie Lesotho)
- Auf Importe von Autos und Autoteilen in die USA sollen 25 Prozent Zölle erhoben werden.
Diese Strafzölle kommen zum Basiszoll dazu, sodass einzelne Länder mit 60 oder 70 Prozent Zöllen auf ihre Waren rechnen müssen, sagt Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven.
"Das ist ein Handelskrieg, den wir im Augenblick haben. Denn Donald Trump zieht es durch."
Damit ist der Welthandel oder Freihandel, wie wir ihn seit Jahrzehnten kennen – und von dem die USA profitiert haben – am Ende. Donald Trump empfindet den Welthandel aber als nicht ausgeglichen. Zum Beispiel sei die EU ein unfairer Handelspartner, weil sie mehr Waren in die USA exportiert, als sie Waren von dort importiert.
Die Macht des Stärkeren als Prinzip
- Unternehmen sollen in die USA kommen, Standorte aufbauen und Arbeitsplätze schaffen.
- Der Staat soll mit den Zöllen Geld einnehmen, um damit die Steuern für US-Bürger zu senken.
- Mit den Zolleinnahmen will Donald Trump die Verschuldung der USA abbauen.
Am Ende, sagt Nicolas Lieven, wolle Donald Trump die Welt langfristig unter den USA, Russland und China aufteilen. Dabei wolle der US-Präsident die entscheidende Rolle spielen. Es gehe darum, die Macht des Stärkeren als Prinzip durchzusetzen.
Hat Donald Trump das Recht, so einseitig Zölle gegen andere Länder zu verhängen?
Eigentlich werden Handelskonflikte in der Welthandelsorganisation geklärt. Dort haben sich die Länder auf bestimmte Verfahren geeinigt, beispielsweise für Sonderzölle. Zum Beispiel können Länder im Kriegsfall solche Sonderzölle erheben, erklärt Nicolas Lieven. Dafür gibt es seit 1977 eine Verordnung. "Trump hat einfach gesagt, er ruft jetzt mal den Notstand aus – aber die USA werden ja nicht angegriffen", stellt der Wirtschaftsjournalist fest.
Und bislang gebe es niemanden, der Donald Trump stoppe.
"Man kann ehrlich gesagt nur hoffen, dass man es vielleicht mit irgendwelchen Deals hinkriegt."
Einige Länder haben Gegenmaßnahmen angekündigt, andere wollen sich mit ihren Reaktionen noch zurückhalten. Die EU hat bereits angekündigt, auf Motorräder, Jeans, Erdnussbutter und Whisky Gegenzölle zu erheben. Außerdem wird über die Einführung einer Digitalsteuer nachgedacht, die dann insbesondere Tech-Unternehmen wie Meta, X, Netflix oder Amazon betreffen wird.
Noch sei nicht abzusehen, wie Donald Trump darauf reagieren wird. Also ob der Handelskrieg weiter eskalieren würde oder sich auf andere Politikbereiche auswirken könnte.
Wie wirkt sich der Handelskrieg aus?
Wirtschaftswissenschaftler warnen: Durch Trumps Zollpolitik werden in den USA Jobs verloren gehen. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen für Importwaren höhere Preise bezahlen, aber auch Waren in den USA können sich durch die Zölle verteuern. Die Inflation wird möglicherweise anziehen. Auch die US-Notenbank warnt vor "höherer Inflation und langsamerem Wachstum".
"Die Folgen für die USA werden, so wie es jetzt aussieht, doch schwerwiegend sein."
Die Börsenkurse in den USA und in anderen Ländern sind drastisch gefallen. Das bedeutet auch Verluste für die Tech-Milliardäre im Dunstkreis von Donald Trump. Eventuell könnte das zu einem Umdenken führen, meint Nicolas Lieven.
Auswirkungen auf US-Handelspartner
Für Unternehmen, die stark abhängig sind vom Warenexport in die USA, könnten die Zölle die Existenz bedrohen. "Wenn das zu teuer wird, dann werden die möglicherweise einfach nicht überleben", sagt Nicolas Lieven. Es sei damit zu rechnen, dass es in vielen Länder zu Insolvenzen von Unternehmen kommt. Diese Zahlungsunfähigkeit von Unternehmen kann sich auch auf die wirtschaftliche Lage im Land insgesamt auswirken. "Und das wird zu Verwerfungen führen", sagt der Wirtschaftsjournalist.
Insbesondere die deutsche Automobilindustrie wird den Zollkurs hart zu spüren bekommen. Der Absatzmarkt für deutsche Autos in China schwächelt. "Und der US-Markt ist für unsere Exporteure im Augenblick der wichtigste Markt, den wir haben", sagt Nicolas Lieven. Insgesamt könnte auch die schwächelnde deutsche Wirtschaft sich dadurch weiter abschwächen. Die Verwerfungen, die es geben werde, seien noch nicht klar abzusehen, "aber das wird spürbar sein", meint der Wirtschaftsjournalist.