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Trumps Wiederwahl ist für Klima-Aktivisten und auch viele Fachleute ein Albtraum. Sie befürchten, dass er den Klimaschutz in den USA und weltweit ausbremsen oder sogar zurückdrehen könnte. Wir fragen: Gibt es mit Präsident Trump noch Hoffnung fürs Klima? Und müssen Deutschland, Europa und der Rest der Welt jetzt selbst (noch) mehr tun, um gegen die Folgen der Erderwärmung zu kämpfen?

Donald Trump wird wieder US-Präsident. Für die internationale Klimapolitik sind das keine guten Nachrichten. Denn schon in seiner ersten Amtszeit wurde deutlich, dass er von Klimaschutz nicht besonders viel hält: Die Vereinigten Staaten sind damals sogar vorübergehend aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgestiegen. Dabei sind die USA nach China auf Platz 2 (pro Kopf gerechnet auf Platz 5) der weltweit größten "CO2-Schleudern".

"It will start getting cooler – you just watch."
Donald Trump während seiner ersten Amtszeit als US-Präsident

Dass nicht Trump, sondern Joe Biden in den letzten vier Jahren am Steuer saß, hat dem US-amerikanischen – und damit auch dem weltweiten – Klimaschutz gut getan, sagt die Klimaexpertin Sonja Thielges von der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Joe Biden und der Inflation Reduction Act (IRA)

Bereits im Wahlkampf habe Biden damals Einiges angekündigt, und er habe Vieles davon auch umgesetzt. Im August 2022 – also noch innerhalb der ersten beiden Regierungsjahre, in denen Biden noch demokratische Mehrheiten im Kongress hatte – wurde der Inflation Reduction Act (IRA) verabschiedet, das für die Klima-Transformation sehr wichtige und finanzschwere Klimaschutzgesetz der USA, das unter anderem Steuererleichterungen und Kredite sowie Investitionen in erneuerbare Energien, E-Autos und Wärmepumpen vorsieht.

"Tatsächlich war Bidens Amtszeit für den Klimaschutz in den USA eine sehr gute Zeit. Er hat eigentlich Historisches geschafft."
Sonja Thielges, Klimaexpertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik

Später, als Biden keine Mehrheiten mehr im Kongress hatte, hat er den IRA dann mit exekutiven Regulierungsmaßnahmen untermauert, so Thielges: Er hat etwa strenge Emissionsstandards für Fahrzeuge sowie Öl- und Gaskraftwerke festgelegt. Das von Biden ausgerufene Klimaziel: Die USA sollen ihre Emissionen bis 2030 quasi halbieren und unter das Niveau von 2005 kommen.

"Trump wird das Klimaziel abschaffen"

Dieses Ziel zu halten, dürfte nach der Wahl Donald Trumps unerreich sein. "Er wird das Klimaziel sicherlich abschaffen", sagt Sonja Thielges. "Ich bin erstmal in ein tiefes Loch gefallen. Ich war sehr schlecht gelaunt, frustriert, traurig und hab mich nicht wohl gefühlt." Verständlich, denn die große Sorge von Klimaaktivist*innen wie -expert*innen lautet: Trump wird viele Klimavorhaben der Biden-Regierung bremsen oder rückgängig machen.

Den IRA kann Trump nicht mal eben abschaffen – aber die US-Klimapolitik massiv abschwächen

Die gute Nachricht fürs Klima: Alles wird Donald Trump nicht ändern können, ein großer Teil der US-Klimapolitik kann auch gegen Trumps Willen weitergehen. Den IRA etwa kann er "jetzt nicht einfach mit einem Pinselstrich irgendwie rückgängig machen", erklärt Sonja Thielges. Denn um ein Gesetz rückgängig zu machen, braucht man in den USA ein neues Gesetz – und das geht nur mit einer „Supermehrheit“ (60 von 100 Stimmen) im US-Senat. Diese Mehrheit wird die Trump-Administration aber nicht haben.

Zudem sorgt der IRA gerade für viele Jobs und eine gut laufende Wirtschaft – auch in republikanisch regierten Staaten. "Die meisten Projekte sind tatsächlich in Texas entstanden", sagt die Klimaexpertin. Deshalb finden auch viele republikanische Abgeordnete den IRA gut und werden "kein großes Interesse haben, dass dieses Gesetz wegkommt".

"Die Gesetze werden grundsätzlich bleiben. Aber diese ganzen Regulierungsmaßnahmen wird er versuchen, abzuschaffen oder zumindest sehr abzuschwächen."
Sonja Thielges, Klimaexpertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik

Was Trump allerdings immer wieder angekündigt hat: Dass er versuchen wird, den IRA noch zu ändern. Trotz seiner Freundschaft zu Elon Musk ist er zum Beispiel wenig begeistert von der in seinen Augen exzessiven Förderung von E-Fahrzeugen. "Da kann er zum Beispiel sagen: Da wird jetzt einfach weniger Förderung oder gar keine mehr ausgegeben", sagt Sonja Thielges.

Zudem könne er bestimmen, wie viel Steuererleichterungen es zum Beispiel für erneuerbare Energien gibt oder wer diese ganzen Vorteile überhaupt bekommt. Und: Er kann versuchen, der US-Umweltschutzbehörde und anderen Institutionen einfach den Geldhahn abzudrehen. "Er wird versuchen, dass die Umweltschutzbehörde entmachtet wird", sagt die Klimaexpertin. "Das hat er auch in der ersten Amtszeit so gemacht. Er hatte damals tatsächlich einen Klimaleugner an die Spitze der Behörde gesetzt und Abteilungen abgeschafft und umorganisiert." Auch im Energieministerium sei mit entsprechenden Umstrukturierungen zu rechnen.

FFF: Die US-Zivilgesellschaft zusammenbringen

Die Klimaaktivistin Carla Reemtsma von Fridays For Future (FFF) war geschockt, dass die Amerikaner*innen Trump gewählt haben – genauso wie die Klimaaktivist*innen in den USA, zu denen sie Kontakt hat.

"Ein Faschist, Klimaleugner, Sexist und verurteilter Straftäter wird Präsident der Vereinigten Staaten. Aktivist*innen vor Ort sind total entgeistert, das sind katastrophale Nachrichten."
Carla Reemtsma, organisiert bei Fridays For Future Klimastreiks

Jede und jeder einzelne wisse, dass jetzt "an jedem einzelnen Ort und an jeder einzelnen Stelle die Zivilgesellschaft gefragt ist, sich dem entgegenzustellen und dafür zu sorgen, dass neue Fracking-Projekte, neue Ölförderprojekte eben doch nicht so einfach genehmigt werden." Es gehe darum, jetzt die Leute wieder zusammenzubringen, die eigentlich hinter dem Klimaschutz stehen, sagt Carla Reemtsma.

"Auch aus den USA, wissen wir. Ein ganz großer Teil der Zivilgesellschaft möchte mehr Klimaschutz, auch wenn es im Wahlkampf kein superpräsentes Thema war."
Carla Reemtsma, organisiert bei Fridays For Future Klimastreiks

Am 11. November beginnt die COP29, die UN-Klimakonferenz, in Baku. Zentrales Thema dort: Wer gibt wie viel Geld für den Klimaschutz? Die – durchaus begründete – Befürchtung: Unter Trump könnten die USA den Geldhahn für die internationale Klimapolitik noch weiter zudrehen.

COP29 in Baku startet: Weniger US-Geld fürs Klima

Donald Trump hat "schon angekündigt, dass er aus dem Pariser Klimaabkommen wieder austreten wird", sagt Sonja Thielges. "Er hat es, glaube ich, für Tag eins seiner Amtszeit angekündigt. Und dann dauert es ein Jahr, bis sie tatsächlich austreten." Trump werde auf jeden Fall versuchen, den Klima-Geldhahn abzustellen. Das sei nicht nur bei ihm, sondern auch in der republikanischen Partei als Ganzes ein Thema, "dass man nicht gerne Klimafinanzierung ins Ausland gibt".

Dass der größte Geldgeber der weltweiten Klimaschutzfinanzierung sich zurückziehen wird, ist ein großes Problem. Und es wird noch größer, weil der zweitgrößte Geldgeber der Klimafinanzierungen – Deutschland – mit dem Bruch der Ampelkoalition gerade in sehr unsicherem Fahrwasser schwimmt. Denn welche Rolle Klimaschutz und Klimafinanzierung für die nächste Bundesregierung spielen wird, ist noch nicht klar.

Nach Ampel-Aus: Deutsche Klimapolitik unklar

Ob die COP29 in Baku in diesen schwierigen Zeiten einen positiven Durchbruch zu Gunsten des Weltklimas schaffen kann, ist mehr als fraglich. "Diese Entwicklung in den USA ist grauenvoll. Es ist egal, wie man es dreht und wendet: Für den Klimaschutz ist es eine sehr schlechte Nachricht" fasst Sonja Thielges diese "schlimme Woche" zusammen.

Und zwingt sich trotzdem auch zu ein bisschen Zuversicht: "Ich möchte auch ein bisschen optimistisch sein. Zumindest versuche ich das für mich selbst." Und sie erinnert daran, dass in Trumps erster Amtszeit viele neue Bündnisse entstanden sind aus subnationalen Akteuren, Städten, Staaten, Firmen, Unis und so weiter. "Die Zivilgesellschaft hat sich zusammengeschlossen, um dieses Klimaziel auch in den USA am Leben zu halten. Und davon profitieren wir jetzt im Grunde."

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
US-Wahl
Trump-Comeback: Bye-bye Klimaschutz?
vom 08. November 2024
Moderation: 
Nik Pothoff
Gesprächspartnerin: 
Sonja Thielges, Klimaexpertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik
Gesprächspartnerin: 
Carla Reemtsma, Fridays For Future