Offiziell ist Kamala Harris noch nicht als Präsidentschaftskandidatin bestätigt, aber die breite Unterstützung aus den Reihen der Demokraten ist ihr bereits sicher. Die Republikaner bringt der Rückzieher von Joe Biden wiederum etwas aus dem Tritt. Damit verspreche der Wahlkampf spannend zu werden, sagt eine USA-Expertin.
Eine deutliche Verbesserung zeichnet sich bei den Umfragewerten der amtierenden US-Vizepräsidentin ab. Als Joe Biden noch als Kandidat im Rennen um das Präsidentenamt war, lagen sowohl Biden als auch Kamala Harris in den Umfragen deutlich hinter Donald Trump.
Nachdem US-Präsident Joe Biden ihr seine Unterstützung versichert hatte, hat Kamala Harris innerhalb von 24 Stunden eine Rekordsumme von 80 Millionen Dollar an Spenden erhalten. Das seien vor allem kleine Summen von 100 Dollar und weniger gewesen, sagt die Professorin für transatlantisch-europäische Geschichte, Britta Waldschmidt-Nelson. Das zeige, dass Kamala Harris viele Unterstützer an der Basis habe. Aber auch ihre demokratischen Parteikollegen stehen mehrheitlich hinter der Bewerberin um die Präsidentschaftskandidatur. In einem Telefonat sicherten ihr nun auch der ehemalige US-Präsident Barack Obama und dessen Frau Michelle zu, sich für Harris einzusetzen.
"Das Establishment steht jetzt hinter Kamala Harris und an der Basis breitet sich eine unglaubliche Erleichterung darüber aus, dass Joe Biden nun diesen Schritt getan hat."
Gegen Kamala Harris antreten zu müssen, bringe für Donald Trump und sein Team einige neue Herausforderungen. So habe Trump seinem Kontrahenten Joe Biden mit einer gewissen Polemik strategisches Kalkül vorgeworfen, weil er erst zu diesem Zeitpunkt im Wahlkampf seine Kandidatur zurückgezogen habe, berichtet die Historikerin. Da sich sein Team auf Biden konzentriert habe, hat Trump zudem in rhetorischen Seitenhieben eine Entschädigung von den Demokraten gefordert, erklärt Britta Waldschmidt-Nelson.
Harris als Kandidatin könnte Startegiewechsel in Trumps Wahlkampf erfordern
Die Entscheidung James David Vance als Vizepräsidentschaftskandidat zu wählen, der ein jüngeres und zum Teil sogar konservativeres Abbild von Trump sei, so Waldschmidt-Nelson, hat möglicherweise nicht den gewünschten Effekt, wenn Trump nun doch nicht gegen Biden antritt.
Die Republikaner seien sich so sicher gewesen, dass sie die Wahl gewinnen werden, dass sie es nicht für notwendig erachtet hätten, einen Kandidaten als Vize aufzustellen, der auch in der Lage gewesen wäre, unentschlossene Swing-Voters davon zu überzeugen, die Republikaner zu wählen, sagt Britta Waldschmidt-Nelson.
"Es ist ganz ohne Zweifel so, dass dieser Wechsel im Team die Republikaner jetzt vor eine größere Herausforderung stellt, als sie das vorher gegen Joe Biden gehabt hätten."
J. D. Vance wurde ausgewählt, weil er die Kernwählerschaft von Trump anspricht, die eher konservativ ist, wenn es beispielsweise um das Abtreibungsrecht geht. Kamala Harris befürwortet das Recht auf Abtreibung und spricht damit auch Menschen an, die in diesen Fragen liberal sind. Mit Kamala Harris als Gegenkandidatin glauben nun manche Republikaner, dass es nicht die richtige Entscheidung war J. D. Vance für das Amt des Vizepräsidenten aufzustellen.
Kamala Harris wird ihrerseits wiederum keine Frau für das Amt des Vizepräsidenten auswählen, davon geht Britta Waldschmidt-Nelson aus. Die Historikerin ist davon überzeugt, dass die US-Amerikaner noch nicht dafür bereit seien, ein Team zu wählen, das nur aus Frauen besteht.
"Kamala Harris wäre gegebenenfalls überhaupt die erste Frau im Präsidentenamt, gleichzeitig auch die erste afro-indisch-stämmige Frau. Sie tut gut daran, einen weißen Mann als Vizepräsidentschaftskandidaten auszuwählen."
Kamala Harris hat bisher kein sehr gutes Profil, sagt die Historikerin. Das sei nicht ganz untypisch, weil die Vizepräsidenten in den USA immer sehr im Schatten der Präsidenten stünden. Andererseits liege es daran, dass Joe Biden der Vizepräsidentin Harris die undankbare Aufgabe übertragen habe, die Immigrationskrise an der Grenze zu Mexiko in den Griff zu bekommen. Das sei ein Problem, das man als Vizepräsidentin gar nicht in den Griff bekommen könne, so die Historikerin.
Allerdings geht Waldschmidt-Nelson auch davon aus, dass es gelingen kann, Kamala Harris in den kommenden drei Monaten bis zu Wahl als Kandidatin aufzubauen und ihre Einstellungen und Überzeugungen bekannt zu machen.
An sich sei das Rennen um die Präsidentschaft jetzt wieder spannend, sagt Britta Waldschmidt-Nelson. Kamala Harris' Umfragewerte seien gestiegen und dadurch sei es jetzt ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die Republikaner, die ihres Sieges schon gewiss waren, müssten jetzt noch mal richtig kämpfen, sagt Britta Waldschmidt-Nelson.
"Also, ich würde mal sagen die Chancen sind jetzt fifty-fifty."