Wissenschaftsfeindlichkeit und Autokratie: Die Trump-Administration macht es Forschenden in den USA gerade schwer, für viele wird Europa als Wissenschaftsstandort attraktiver. Ein transatlantischer Brain-Drain zeichnet sich ab – in Richtung Osten.

Das Bildungsministerium vor der Zerschlagung, die Forschungsfreiheit unter Beschuss und ein struktureller Niedergang bei der Innovationsfähigkeit in der Spitzenforschung: US-Präsident Donald Trump und sein Berater und Disruptionsbeauftragter in Verwaltungsangelegenheiten, der Milliardär Elon Musk, beschädigen mit allen Mitteln den Wissenschaftsstandort USA noch weiter.

Wissenschaftler verlassen die USA

Offenbar verlassen kluge Köpfe die USA und suchen nach freieren Standorten zum Forschen, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Jens Többen. Die Max-Planck-Gesellschaft könne momentan Talente gewinnen, die sie so unter normalen Umständen nicht hätte gewinnen können, hat ihm ihr Präsident, der Biologe Patrick Cramer, berichtet.

"Wir sehen, dass wir doppelt so viele Bewerbungen aus den USA haben. Es ist auf jeden Fall eine große Chance für den Forschungsstandort Europa."
Patrick Cramer, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft

Patrick Cramer plant eine Tour durch die Vereinigten Staaten, um Forschenden dort Deutschland als Alternative anzubieten. Und er ist nicht der einzige Europäer, der in den USA Werbung für Europa als Standort macht. Die französische Universität Aix-Marseille beispielsweise wirbt mit dem Programm "Safe Place for Science" um Forschende aus den USA. Die Institution wird etwa 13 US-Forschende mit einem Budget von rund 15 Millionen Euro an sich binden (Stand 21.03.2025).

Werbendes Europa

Auch die Freie Universität Brüssel möchte Stellen für Exil-Forschende schaffen. Stipendien in Höhe von 2,5 Millionen Euro stehen dort in Aussicht. Allgemein zeige schon allein die zunehmende Zahl der Bewerbenden mit US-amerikanischer Herkunft bei europäischen Wissenschaftsinstitutionen ein erhöhtes Interesse, findet Jens Többen.

Marion Schmidt hat Vergleichbares konkret für das Forschen in Deutschland wahrgenommen. Die Leiterin der Abteilung Kommunikation und Marketing der Technischen Universität Dresden war zuletzt bei der Jahreshauptversammlung der Amerikanischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft vor Ort. Insbesondere Forscherinnen und Forscher mit einer Verbindung nach Europa denken über eine Rückkehr nach, beobachtet sie.

"Diejenigen, die Beziehungen zu Deutschland oder zu Europa haben, werden sich überlegen, ob sie unter den Bedingungen in den USA weiterarbeiten wollen."
Marion Schmidt, Leiterin der Abteilung Kommunikation und Marketing, TU Dresden

Deutschlandfunk-Nova-Reporter Jens Többen nennt folgende Wanderungs- beziehungsweise Verharrungsmuster im transatlantischen Wissenschaftsbetrieb:

• US-Amerikaner*innen, die nach Europa wollen
• Europäer*innen, die zurück nach Europa wollen
• Europäer*innen, die doch lieber hierbleiben, anstatt in die USA zu gehen

Aber auch wenn nun einige Universitäten mit zusätzlichen Mitteln und Stellen arbeiten, ist doch generell anzunehmen, dass der Konkurrenzdruck in der europäischen Wissenschaft tendenziell anzieht, so unser Reporter.

Visa-Erleichterungen als Standortvorteil

Erleichterungen bei der Einreise könnten es Forschenden aus den USA leichter machen, überhaupt einmal anzukommen. Geld allein sei hierbei schließlich nicht alles, sagt Marion Schmidt von der Technischen Universität Dresden.

"Wenn wir amerikanischen Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftlern ein Angebot machen, dann müssen wir auch bei der Visa-Vergabe nachlegen"
Marion Schmidt, Leiterin der Abteilung Kommunikation und Marketing, TU Dresden

In Summe sei es aber unwahrscheinlich, dass Europa tausende US-Forschende auffangen könne, die in den USA ihre Jobs verlieren, findet Jens Többen. Für die internationale Forschung insgesamt sei die ganze Situation eher schlecht.

Shownotes
US-Forschung vor Brain-Drain
US-Wissenschaft: Europa, plötzlich so anziehend
vom 19. März 2025
Moderation: 
Anna Kohn
Gesprächspartner: 
Jens Többen, Deutschlandfunk-Nova-Reporter