Ob im Auto, im Zug, auf dem Schiff oder im Flugzeug – manchen Menschen wird beim Reisen richtig schlecht. Unsere Reporterin Kerstin Gallmeyer kennt das Problem selbst nur zu gut und hat nachgefragt, wie Reiseübelkeit entsteht und was wir dagegen tun können.
Kerstin erinnert sich an eine Autofahrt. Sie war damals sieben Jahre alt und fuhr zusammen mit den Eltern und der Großtante im Auto zu Verwandten aufs Land. "Wir waren noch nicht einmal aus meiner Heimatstadt raus, da kotzte ich schon auf der Rückbank und traf unter anderem den Mantel meiner Großtante", erzählt Kerstin. Bis heute wird ihr im Auto oder im Bus manchmal übel.
Auch Melanie, die schon viel gereist ist, kennt das Problem bei Schiffen. Ein Erlebnis auf einem Fjord in Neuseeland ist ihr besonders in Erinnerung geblieben: "Da war sehr übler Seegang. Dieses unruhige, stürmische Wetter hat den Seegang verursacht. Ich hab am Tisch in der Mitte gesessen. Und mein Freund hat gesagt: 'Mein Gott, dann geh doch woanders hin, setz dich oben hin und fixier irgendwas.' Aber ich konnte nicht mehr aufstehen."
"Im Prinzip ist Reiseübelkeit ein Kommunikationsproblem."
Reiseübelkeit kann uns auf einem Ausflug oder auf dem Weg in den Urlaub ganz schön beeinträchtigen. Sören Becker ist Epidemiologe am Uni-Klinikum des Saarlandes, erklärt, was da in unserem Körper eigentlich passiert: "Da liegt im Prinzip ein Missverhältnis vor zwischen dem, was verschiedene Bewegungsorgane dem Gehirn zurückmelden."
Bei der Seekrankheit auf einem Schiff etwa sehen unsere Augen eigentlich Stillstand. Aber das Gleichgewichtsorgan im Innenrohr zeigt – je nach Wellengang – zum Teil starke Bewegungen an. Unser Gehirn kann diese widersprüchlichen Informationen nicht richtig zusammenfügen. Die Folge sind Schwindel und Übelkeit.
Reiseübelkeit ist sehr individuell
Wie anfällig wir für Reiseübelkeit sind, ist individuell sehr unterschiedlich. Manchen bekommt schon kurviges Autofahren nicht, anderen wird im ICE schlecht und wieder andere merken überhaupt nichts. Am Ende ist es auch von der persönlichen Tagesform abhängig.
"Wenn man in der Nacht schlecht geschlafen hat, einen Schnupfen hat oder verkatert ist, dann wird man viel schneller seekrank, als wenn man ausgeruht ist."
Jan hat Erfahrung mit Seekrankheit, seit einem Jahr ist er zusammen mit drei Freund*innen auf einem Segelschiff unterwegs. Von Kroatien aus sind sie bis in die Karibik gesegelt. Inzwischen sind sie auf dem Rückweg und machen Stopp auf den Azoren.
"Bei unserer ersten Atlantiküberquerung von Europa über den Atlantik hatten wir konstant vier Meter Welle, dann macht schon alles ein bisschen weniger Spaß, wenn einem die ganze Zeit immer so latent flau ist", erzählt er.
Das hilft gegen Reiseübelkeit:
- Bevor es losgeht, sollten wir viel Wasser trinken, keinen Alkohol und auch nicht rauchen, rät Medizinprofessor Sören Becker.
- Außerdem sei es einfacher, selber zu fahren, anstatt als Beifahrer*in im Auto zu sitzen.
- In einem Reisebus sollten wir versuchen, möglichst weit vorne zu sitzen und nicht in der letzten Reihe, weil dort diese Bewegungen und Schwingungen etwas ausgeprägter sind.
- Auf einem Schiff kann es hilfreich sein, einen Punkt am Horizont zu fixieren, der sich nicht bewegt. "Was gut ist, ist, wenn man an Deck geht, den Blick in die Ferne richtet, frische Luft kriegt, sich aktiv beschäftigt und sich ablenkt", empfiehlt der Segler Jan.
- Außerdem gibt es Medikamente, wie zum Beispiel Reisetabletten. Die wirken auf unterschiedliche Weise: Durch den Wirkstoff Dimenhydrinat, ein Antihistaminikum, können die Fehlinformationen im Hirn ausgeglichen werden. Der Wirkstoff Scopolamin wirkt gegen Brechreiz, es gibt ihn auch als Pflaster, sagt Michael Kulas, Vorsitzender des Saarländischen Hausärzteverbandes.
"Es ist eine ganz elegante Möglichkeit: Die Pflaster kleben Sie im Prinzip hinters Ohr, in die Nähe des Gleichgewichtsorgans. Das verhindert praktisch den Transport der Information."
Wer nicht unbedingt Medikamente einnehmen möchte, kann es mit Ingwer oder Akupressur probieren. Und wem – trotz allem – dennoch übel wird, hier ein Tipp von Segler Jan: "Wenn man eine leichte körperliche Tätigkeit machen kann, die einen ein bisschen geistig beschäftigt, wie zum Beispiel das Boot steuern. Dann hilft das auch dagegen."