Fast 83.000 Anträge auf finanzielle Nothilfe sind im November und Dezember 2020 bei den Studierendenwerken in Deutschland eingegangen – seit November ist das wieder möglich. Wir schauen auf die aktuelle Lage.
Um Miete und Leben finanzieren zu können, haben laut Deutschem Studentenwerk etwa 68 Prozent der insgesamt 2,8 Millionen Studierenden in Deutschland einen Nebenjob: zum Beispiel als Kellnerin, Kinokarten-Abreißer oder an der Garderobe im Theater. Wegen Corona fallen diese Jobs allerdings schon seit längerer Zeit flach. Und Kurzarbeitergeld gibt es für "geringfügige Beschäftigungen" nicht.
"Rund zwei Drittel der Studierenden in Deutschland sind auf Jobs angewiesen, um ihr Studium durchführen zu können."
Deswegen wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die sogenannte Überbrückungshilfe für Studierende in pandemiebedingter Notlage eingeführt. Seit dem 20. November 2020 kann sie wieder beantragt werden – nach einer kurzen "Sommerpause". Ende September war sie nämlich vor dem Hintergrund der Entspannung der Corona-Lage im Sommer zunächst ausgelaufen.
Bisher rund 21 Millionen Euro ausbezahlt
Der Bearbeitungsstand der Anträge ist laut Deutschem Studentenwerk (DSW) gut: Von den 38.140 im November gestellten Anträgen wurden 65 Prozent bewilligt, von den bisher aus dem Dezember abgearbeiteten 44.391 Anträgen 74 Prozent. Rund 21 Millionen Euro seien an die bisher rund 46.800 Förderfälle ausgezahlt worden.
Natürlich seien nicht alle studentischen Nebenjobs weggebrochen, sagt Bildungsjournalist Armin Himmelrath. Schätzungen gingen aber davon aus, dass rund eine Million Studierende in Deutschland wegen Corona in finanzielle Sorgen geraten sind. Dass es keine Einzelfälle sind, bestätigt auch Stefan Grob, der Sprecher des Deutschen Studentenwerks in Berlin. Landesweit liefen die Anträge ein.
"Teils sind es wirklich dramatische Auswirkungen und ganze Lebensentwürfe drohen kaputtzugehen. Für viele ist die staatliche Überbrückungshilfe der letzte Notstopfen, der letzte Halt, den sie haben."
Nicht wenige Studierende bitten ihre Eltern um Geld. Manche ziehen sogar tatsächlich wieder zurück ins alte Kinderzimmer, weil sie die WG oder das Zimmer in der Stadt einfach nicht mehr bezahlen können, so Armin Himmelrath. Etliche müssten ihr Studium auch tatsächlich unter- oder abbrechen, weil sie es sich nicht mehr leisten können. Insofern sei die staatliche Unterstützung für viele tatsächlich der letzte rettende Anker.
Jeden Monat ein neuer Antrag
Der Antrag auf einen Anteil am staatlichen Notfallfonds muss von den Studierenden für jeden Monat neu gestellt werden. Das sei ein großes Problem, sagt Armin Himmelrath. Die Studierenden müssten jeden Monat einen neuen Nachweis über ihren aktuellen Kontostand abgeben. Das sei einfach wahnsinnig viel Aufwand, bemängeln Kritiker.
Außerdem können Antragstellende maximal 500 Euro im Monat bekommen – und das nur, wenn der Kontostand bei oder in der Nähe von Null ist. Wer zum Zeitpunkt der Antragstellung mehr als 500 Euro auf dem Konto hat, wird die Überbrückungshilfe nicht erhalten und möge bitte keinen Antrag stellen, heißt es auf der Seite des BMBF. Wer 400 Euro auf dem Konto hat, bekommt nur noch 100 Euro. Über die Fünfhunderter-Grenze geht es also auf keinen Fall drüber, erklärt Armin Himmelrath.
Maximal 500 Euro
Selbst die Maximalsumme von 500 Euro reiche in vielen Studentenstädten noch nicht mal für ein WG-Zimmer aus, sagen die Kritiker der Obergrenze. Und wenn die Miete im Voraus bezahlt werden müsse, komme die Nothilfe auch noch zu spät. Das gesamte Hilfskonzept sei also ziemlich weit weg vom Alltag der Studierenden und eher ein kurzfristiger Tropfen auf den heißen Stein, mit dem man allenfalls ein paar Tage oder Wochen überbrücken könnte.
Echte Verbesserungen würden dagegen fehlen. Der Vorschlag der Grünen, eine Grundsicherung für alle Studierende einzuführen, sei eine Möglichkeit. Außerdem könnte Studierenden der Zugang zum BAföG erleichtert und Erhöhungen beim BAföG beschlossen werden. Problem: Die Studienkredite müssen zurückgezahlt werden. Dadurch besteht die Gefahr, dass es gleich zum Berufseinstieg einen Schuldenberg gibt.
"Langfristige Verbesserungen wären Erhöhungen sowie ein leichterer Zugang zum BAföG. Und auch der Vorschlag der Grünen – eine Grundsicherung für alle Studierende – geht schon in die Richtung."
Wie es ab März, also am Ende des Semesters, mit den Hilfen für Studierende weitergeht, weiß noch niemand so genau, sagt Armin Himmelrath.
Seit vorgestern gibt es zum Thema Studienfinanzierung aber immerhin ein neues Urteil: Das Landessozialgericht Hessen hat entschieden, dass Teilzeitstudierende ein Anrecht auf Hartz IV haben. Bisher waren Studierende – egal ob Teilzeit oder Vollzeit – von der Sozialhilfe ausgeschlossen.