Auf ein Auto verzichten, Jutebeutel mitnehmen, kein Fleisch essen und regional einkaufen? Auf wie viel Luxus können und wollen wir verzichten, um nachhaltiger zu leben?
Unsere Autorin Lydia Herms gibt sich redlich Mühe alles richtig zu machen, indem sie umweltschonend konsumiert. Sie hat kein Auto, sie isst kein Fleisch und sie trägt nur Second-Hand-Klamotten. Bis auf die Unterwäsche, die kauft sie neu. Und als Super-Öko würde sie sich auch nicht bezeichnen, denn sie isst immer noch Käse.
"Nachhaltigkeit ist ein Prozess, kein Dogma."
In Deutschland gibt es 64 Millionen zugelassene Fahrzeuge. Und der Durchschnittsdeutsche isst pro Jahr pro Kopf 60 Kilogramm Fleisch. Marcus Werner, einer der Herausgeber des Online-Magazins "Viertel \ Vor" fragt sich, ob die Menschheit einfach zu dumm ist, um ihre eigene Lebensgrundlage zu erhalten.
Resignation, Desinteresse, Hilflosigkeit
Manch einer von uns resigniert wohl bei der Masse an Nachrichten, die von Plastikmüll in den Meeren, Wirbelstürmen, Hitzewellen, Gletscherschmelzen oder der Nitratbelastung des Grundwassers berichten.
"Ich hab’ heute früh erst einen ganz interessanten Artikel darüber gelesen und ich hab auch einen Artikel in Vorbereitung darüber, ob wir Menschen einfach zu dumm sind, um zu begreifen, was eigentlich gerade vor sich geht."
2,8 Milliarden Einwegbecher werden pro Jahr in Deutschland weggeschmissen. Trotzdem fragen sich manche sicherlich, ob es wirklich einen Unterschied macht, ihren Kaffee aus der Bäckerei im Einweg- oder Mehrwegbecher mitzunehmen.
Vielleicht beruhigen sie ihr Gewissen auch damit, dass es eine Ausnahme ist, und man beim nächsten Mal ganz sicher wieder den Thermobecher mitnimmt, der gerade noch ungewaschen auf der Spüle rumsteht.
Andere hingegen werden gerade aufgrund der bedrückenden Zukunftsaussichten zu Umweltaktivisten, retten Wale, besetzen Rohstoffminen oder pflanzen Bäume.
"Einfach vor seinem Haus in sein Auto zu steigen, von A nach B zu fahren, vor dem anderen Haus auszusteigen, ist natürlich bequemer, als wenn du dich aufs Fahrrad setzt, zur U-Bahn fährst, dich in die U-Bahn drängelst, dafür viel Geld bezahlst und an B noch zehn Minuten laufen musst oder so. Im Regen."
Oft ist es Bequemlichkeit, die uns das Auto statt des Fahrrads oder der Bahn nehmen lässt. Auf wie viel können und wollen wir verzichten, um die Umwelt zu schonen. Nur saisonales und regionales Obst und Gemüse kaufen, obwohl wir richtig Lust auf Citrusfrüchte oder Bananen haben. Und sind wir bereit für Bioprodukte mehr zu zahlen?
Marcus Werner vom Online-Magazin "Viertel \ Vor" engagiert sich dafür, dass diese Fragen mehr Leute erreichen und mehr in die Öffentlichkeit kommen.
"Geld hat einen unfassbaren Hebel, eine unfassbare Wirkung, und das noch mehr Leuten, anderen Leuten begreifbar zu machen, verständlich zu machen, das ist die Mission, mit der wir antreten.“
Jakob Berndt setzt sich auch für mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz ein, aber wählt dafür einen ganz anderen Weg. Mit zwei Freunden zusammen hat er die erste nachhaltige Bank gegründet: Tomorrow.
Wer hier ein Konto eröffnet, kann davon ausgehen, dass sein Geld nur dort investiert wird, wo es einen positiven Fußabdruck hinterlässt. Zum Beispiel in Branchen wie der Ökolandwirtschaft, erneuerbaren Energien, grünem Wohnen, Effizienzsteigerung und Recycling. Allerdings liegt es natürlich daran, ob bei uns Konsumenten der Wunsch vorhanden ist, nachhaltige Entscheidungen zu treffen und beispielsweise Ökostrom zu beziehen oder Kunden bei einer nachhaltig agierenden Bank zu werden.
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