Sie setzten sich für den Schutz der Natur ein und wurden deshalb getötet: mindestens 212 Umweltaktivistinnen und Umweltaktivisten. Das meldet die Organisation Global Witness für das vergangene Jahr 2019.
Über zweihundert dokumentierte Fälle in 2019: Das sind so viele getötete Umweltaktivtsen wie in keinem anderen Jahr. Zu diesem Ergebnis kommt die Nichtregierungsorganisation Global Witness in ihrem Bericht.
Gleichzeitig vermutet die Organisation, die Zahl der Getöteten dürfte in Wirklichkeit höher ausfallen. Bei den 212 dokumentierten Fällen handelt es sich um nachweisliche Tötungen. Umweltaktivisten werden bei ihren Einsätzen aber auch bedroht, angegriffen und verletzt oder aus unersichtlichen Gründen verhaftet, so die Organisation.
Viele Indigene unter den Getöteten
Zu den meisten Todesfällen kommt es in Lateinamerika. Mehr als 50 Prozent aller Umweltaktivisten verloren zudem in Kolumbien und auf den Philippinen ihr Leben. Fast die Hälfte aller Opfer waren Indigene.
"Fast die Hälfte aller 212 Opfer waren Indigene. Wobei Global Witness davon ausgeht, dass es in Wirklichkeit noch viel mehr Fälle gibt."
Der Lebensraum der indigenen Bevölkerung wird in Kolumbien vor allem durch den Bau von Minen zerstört. Seit nunmehr dreißig Jahren verdrängt zum Beispiel der Steinkohletagebau El Cerrejón im Nordosten des Landes die indigene Gemeinde der Wayuu. Seitdem werden Aktivisten bedroht und angegriffen, wie Global Witness dokumentiert.
El Cerrejón zählt mit seinen 69.000 Hektar zu einem der größten Steinkohletagebaue der Welt - er ist ungefähr sechsmal so groß wie die Fläche der Braunkohletagebaue im Rheinland.
Pro Jahr werden dort über 30 Millionen Tonnen Steinkohle gefördert. Bis vor wenigen Jahren ging ein Teil davon auch nach Deutschland. Kolumbien zählte damit zeitweise zu den wichtigsten Lieferanten von deutschen Stromerzeugern. Mittlerweile hat die Türkei Deutschland beim Geschäft mit kolumbianischer Steinkohle abgelöst.
Im Kampf gegen Großkonzerne
Auch in Europa gab es Opfer unter Umweltaktivistinnen und Umweltaktivisten: In Rumänien ist beispielsweise das illegale Holzfällen in Wäldern eine Ursache, weshalb in den vergangenen Jahren Hunderte Förster angegriffen und verletzt wurden.
Laut der rumänischen Waldarbeitergewerkschaft wurden sechs Förster ermordet. "Der illegale Holzeinschlag ist ein Riesenthema in Rumänien. Jedes Jahr wird doppelt so viel Holz geschlagen, wie offiziell angegeben wird. Auch große europäische Konzerne sind darin verwickelt", sagt Matthias Wurms aus unserer Nachrichtenredaktion.
Die rumänische Holzmafia
Als einen bekannten Fall nennt der Bericht von Global Witness auch den Tod des rumänischen Försters Liviu Pop: Nachdem der Förster mit einer Schusswunde und mehreren Prellungen aufgefunden wurde, bezeugten drei verdächtige Person vor Gericht, der Förster habe sich versehentlich selbst erschossen. Die Prellungen kämen von einem Pferdewagen, mit dem ihn durchgegangene Pferde überrollt hätten. Die Verdächtigen wurden daraufhin freigelassen. Einer von ihnen soll laut Medienberichten ein Neffe der leitenden Staatsanwältin sein.
Hoffnung auf Unabhängigkeit
Es gibt aber auch positive Entwicklungen, die der Bericht von Global Witness aufführt: Das indigene Volk der Waorani in Ecuador konnte im vergangenen Jahr zum Beispiel den Verkauf ihres Landes an Öl- und Gasfirmen stoppen.
Auch in Sambia gelang es Umweltaktivisten einen Konflikt mit einem Kupferminenbetreiber vor das oberste Gericht in Großbritannien zu bringen, und damit auf eine Entscheidung zu hoffen, die unabhängig von multi-nationalen Konzernen getroffen wird.
Das Bild oben zeigt eine Frau vom indigenen Volk der Wayuu in Kolumbien.