Das höchste Gericht der Niederlande hat Gasbohrungen des Konzerns One-Dyas im Wattenmeer vorerst gestoppt. Aber damit ist das Thema noch nicht vom Tisch, vor allem nicht in Deutschland.

Seit Anfang Juni steht eine riesige Bohrplattform des niederländischen Energiekonzerns One-Dyas 20 km vor der deutschen Nordseeinsel Borkum. Diese sollte in wenigen Wochen damit beginnen, nach Erdgas zu bohren. Doch daraus wird erst einmal nichts: Nach einem Eilantrag der Deutschen Umwelthilfe hat das höchste Gericht der Niederlande den Bau vorläufig gestoppt.

Die Umweltorganisation musste nur auf die Lage dieser Bohrplattform verweisen, denn sie liegt in unmittelbarer Nähe des Naturschutzgebiets Wattenmeer. Das weltweit einzigartige Ökosystem gehört zum Unesco-Welterbe.

Das Welterbe Wattenmeer als einzigartiger Lebensraum

Das Wattenmeer ist die größte zusammenhängende Schlick- und Sandwattfläche weltweit. Dort gibt es mehr als 10.000 Tier- und Pflanzenarten, darunter Wattwürmer, Kegelrobben und Schweinswale. Mehr als zehn Millionen Zugvögel machen dort jedes Jahr Rast. Auch seltene Riffe sind im Wattenmeer zu finden. All das steht aus Sicht deutscher und niederländischer Umweltorganisationen auf dem Spiel.

Wenn bei den Bohrungen Schadstoffe austreten, landen sie an diesen Riffen, argumentiert Greenpeace. Aktivistinnen und Aktivisten der Umweltschutzorganisation hatten unter anderem mit GPS-Sendern ausgestattete Bojen ausgesetzt. Diese waren durch die Strömung in kurzer Zeit zu verschiedenen Riffen getragen worden, unter anderem auch auf die deutsche Seite und das Naturschutzgebiet Borkum.

Die Riffe könnten Schaden nehmen

Für die Bohrungen müssten zudem unterirdische Kabel verlegt werden, die diese Riffe zerstören. Außerdem argumentieren die Umweltorganisationen damit, dass bei den Bohrungen zu viel Stickstoff freigesetzt wird, und sie kritisieren ganz grundsätzlich, dass das Genehmigungsverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat.

Endgültige Entscheidung steht noch aus

Der Baustopp gilt erst einmal nur für die Bohrungen auf niederländischer Seite. Der Konzern One-Dyas will auch auf der deutschen Seite der Plattform nach Öl bohren, die niedersächsischen Behörden müssen noch über den Antrag entscheiden. Die Deutsche Umwelthilfe hat das Land aufgefordert, den Antrag abzulehnen.

Das Gericht trifft erst nächste Woche nach einer Anhörung seine endgültige Entscheidung. Die Bohrungen sind schon einmal durch einen Gerichtsbeschluss gekippt worden, daraufhin hatte One-Dyas kleinere Änderungen vorgenommen und das niederländische Wirtschaftsministerium hatte daraufhin den Weg wieder frei gemacht.

Welterbe-Status steht auf dem Spiel

Die Unesco hat ein Ende der Bohrungen im Wattenmeer gefordert und klar gesagt, dass die Suche nach Rohstoffen nicht mit dem Welterbe-Status des Wattenmeers vereinbar sei. Das ist durchaus als Drohung zu verstehen.

"Die Unesco sieht sehr dagegen an, wenn wohlhabende Staaten wie Deutschland den Schutz der Natur anderswo fordern und sie dann aber bei sich zu Hause zerstören."
Christina Felschen, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion

Die Organisation könnte dem Wattenmeer den Welterbe-Status wieder entziehen, wenn die Stätte nicht ausreichend geschützt wird. Dies geschah im Fall des Dresdner Elbtals, nachdem die Stadt eine Brücke mitten ins Tal gebaut hatte.

Shownotes
Umwelt
Niederländisches Gericht stoppt Gasbohrung vor Borkum
vom 05. Juni 2024