Die Gewalt gegen Bürgermeister und Bürgermeisterinnen nimmt zu, das zeigt eine Umfrage des ARD-Politikmagazins Report München. Viele wollen nicht erneut kandidieren – wegen Drohungen, aber auch, weil ihnen eine breite gesellschaftliche Unterstützung fehlt. Fabian Mader hat an der Umfrage mitgearbeitet.
Im Sommer 2019 ergab eine bundesweite Umfrage, dass 40 bis 50 Prozent der Kommunen schon mindestens einmal Erfahrungen mit Hassmails, mit Einschüchterungsversuchen oder anderen Übergriffen gemacht haben. Die Befragung erfolgte im Auftrag des ARD-Politmagazins Report München und der Zeitschrift Kommunal. Nun hat Report München erneut eine Umfrage in Auftrag gegeben: Bei der aktuellen Befragung der Zeitschrift Kommunal beteiligten sich 2500 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister.
Der Trend lautet: zunehmende Gewalt
Die beiden Umfragen sind nicht hundert Prozent identisch, so Fabian Mader. Der Journalist und TV-Autor hat an der Umfrage und Recherche mitgearbeitet. Diesmal lag zum Beispiel der Fokus ganz konkret auf den Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen. Dennoch lassen sich Trends ablesen, so Fabian Mader. Bei der aktuellen Abfrage sagten 64 Prozent der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, dass sie schon einmal beleidigt, bedroht oder angegriffen worden seien. "Das ist eine deutliche Steigerung", sagt Fabian Mader.
Auch der Rücklauf bei der Umfrage war diesmal höher. "Das Thema ist schlichtweg präsenter in den Kommunen", sagt Fabian Mader. In Deutschland gibt es insgesamt um die 11.000 bis 12.000 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister: Die Beteiligung von 2500 war also relativ hoch.
Kleinigkeiten, die eskalieren
Die Angriffe auf Bürgermeisterinnen und Bürgermeister kommen meist nicht aus dem rechts- oder linksextremistischen Spektrum. Vielmehr stecken häufig wütende Bürgerinnen oder Bürger dahinter, die außer Kontrolle geraten sind. Dabei geht es oftmals um Kleinigkeiten, die vollkommen eskalieren. In Ingolstadt gab es zum Beispiel solch einen Fall: Nachdem sein Auto abgemeldet worden war, erschien ein Mann mit einer Axt bewaffnet in der Verwaltung und bedrohte die Mitarbeiter.
"Oft sind es Kleinigkeiten und daraus entwickeln sich brutale Pöbeleien, Morddrohungen oder vielleicht sogar körperliche Angriffe in einzelnen Fällen."
Generell habe sich das Klima verschärft, sagen viele Bürgermeister und Bürgermeisterinnen. Deshalb wollen auch viele nicht wieder antreten. Ein Drittel der Befragten machte bei der Umfrage deutlich, dass sie nicht erneut kandidieren werden. 5 Prozent lehnen eine erneute Kandidatur ab, weil sie bedroht wurden. 9 Prozent aufgrund der Diskussionskultur im Alltag.
Das heißt, dass konkrete Bedrohungen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vor einer erneuten Kandidatur zurückschrecken lassen – aber eben auch das gesellschaftliche Klima. Fabian Mader lernte bei seiner Recherche eine Bürgermeisterin kennen, die bedroht und auch angegriffen wurde. Die Vorfälle habe sie irgendwie wegstecken können, aber was ihr zugesetzt habe, war das Schweigen der Mehrheit. Die fehlende Unterstützung habe sie letztlich dazu bewogen, nicht wieder zu kandidieren.
Insgesamt gehen die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen sehr unterschiedlich mit den Übergriffen um. Manche resignieren, andere machen trotzdem und dennoch weiter. Aber dazu gehöre schon eine Portion Wut und Trotz, so Fabian Mader.
Report München gibt es am 10. März um 21:45 Uhr im Ersten zu sehen.