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In Saudi-Arabien gehen die Verhandlungen über eine Waffenruhe in der Ukraine weiter. Artem stammt aus der Ukraine, ist inzwischen aber von dort geflohen. Er hat Angst, dass seine Heimat für einen Frieden aufgegeben werden könnte.

Während Russland die Ukraine weiter massiv angreift, sitzen in Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens, Vertreter der USA, Russlands und der Ukraine, um über eine Waffenruhe zu verhandeln. Allerdings sitzen die Ukraine und Russland nicht gemeinsam an einem Tisch. Die Verhandlungen finden im Wechsel statt. Und wie sie verlaufen, darüber gibt es nur wenige Informationen, sagt Florian Kellermann. Der Korrespondent verfolgt die Lage in der Ukraine und damit auch die aktuellen Gespräche.

USA übernehmen russische Argumentation

Ob etwas bei den Gesprächen rumkommt – eine wirkliche Waffenruhe oder tatsächlich eine Aussicht auf Frieden – sei noch völlig unklar (Stand: 25.3.2025). Woran allerdings kein Zweifel besteht, sagt Florian Kellermann, ist, dass die US-Vertreter, die nach Riad gekommen sind, das russische Narrativ übernommen haben.

"Die USA haben sich auf die Seite Russlands gestellt", so formuliert es Artem, der nicht mit vollem Namen genannt werden will. Der Ukrainer ist überzeugt: Die derzeitigen Entwicklungen werden für die Ukraine radikale Konsequenzen haben.

"Die US-Administration hört Putin zu, glaubt, was er sagt, betet es förmlich nach."
Florian Kellermann, Korrespondent für Osteuropa

Artem stammt aus Saporischschja, einer Stadt im Südosten der Ukraine. Seit dem russischen Angriff im Februar 2022 hat er in seiner Heimat ausgeharrt, um unter anderem seine Mutter zu pflegen. Doch vor einigen Wochen hat er die für sich und sein Umfeld bedeutende Entscheidung getroffen, sein Land nun doch zu verlassen.

Das liegt zum einen daran, dass er nicht als Soldat eingezogen werden will, erzählt er offen. Es habe aber auch damit zu tun, dass das Leben in Saporischschja immer unsicherer wird. Artem rechnet damit, dass seine Heimatstadt in nicht allzu ferner Zukunft zum russischen Staatsgebiet gehören wird.

Immer mehr ukrainische Gebiete von Russland besetzt

Offiziell hat die russische Regierung diverse Verwaltungsbezirke, darunter Saporischschja, bereits illegal zu russischem Staatsgebiet erklärt. Und tatsächlich befinden sich Teile der Region bereits unter russischer Kontrolle. Bisher wurde dieses völkerrechtswidrige Verhalten international nicht akzeptiert – doch unter der aktuellen US-Administration ändert sich das gerade.

"Wir fühlen uns von den USA verraten."
Artem, stammt aus Saporischschja in der Ukraine

So hat der US-Sondergesandte Steve Witkow kürzlich ich einem Interview gesagt, dass es sich doch um Gebiete handele, in denen russisch gesprochen werde. Außerdem verwies er auf Referenden, in denen eine überwiegende Mehrheit dafür gestimmt habe, zu Russland gehören zu wollen.

Florian Kellermann dröselt die Argumentation der USA auf: Dabei lasse man unter den Tisch fallen, dass es sich um Scheinreferenden handelte, kritisiert er. Außerdem werde übergangen, dass die Tatsache, dass viele Menschen in der Ukraine russisch sprechen, nicht automatisch bedeute, dass sie auch zu Russland gehören wollen, erklärt der Korrespondent.

Von der angestrebten Waffenruhe ist fast nichts mehr übrig

Darüber hinaus kritisiert Florian Kellermann die Trumpsche Verhandlungstaktik und zeigt auf, wie es bisher gelaufen ist: Die USA wollten zunächst einen kompletten Waffenstillstand erreichen, erklärt er. Darauf ließ sich Russland jedoch nicht ein. Dann war von einer Waffenruhe die Rede, die sich nur auf Luftschläge beziehen sollte.

Die Ukraine hatte dieser bereits zugestimmt, doch von russischer Seite gab es auch da kein wirkliches Ja. Inzwischen geht es nur noch darum, einzelne Objekte zu schützen, sagt der Journalist. Von der Waffenruhe sei also kaum noch etwas übrig.

"Auf die Ukraine, die das Opfer ist, wird Druck ausgeübt. Den Aggressor, also Russland, lässt man hingegen quasi in Ruhe."
Florian Kellermann, Korrespondent für Osteuropa

Florian Kellermanns Einschätzung nach macht sich die Ukraine keine großen Illusionen: "Die Staatsführung betont zwar, dass es um einen gerechten und dauerhaften Frieden gehen müsse. Sie betont immer noch die Wichtigkeit der Sicherheitsgarantien, um vor einem erneuten Angriff Russland geschützt zu sein."

"Grenzverschiebung durch Gewalt und Waffen"

Doch der Korrespondent ist überzeugt, dass so etwas wie eine Rückeroberung der besetzten Gebiete angesichts der mangelnden Unterstützung der USA keine wirkliche Option ist.

"Die Ukraine wird sich damit abfinden müssen, dass zumindest im Moment die Gebiete von Russland besetzt bleiben und die Ukraine sie nicht zurückerobern kann."
Florian Kellermann, Korrespondent für Osteuropa

An einen gerechten Frieden glaubt auch Artem nicht mehr: "Die USA waren als demokratisches Land unser Vorbild. Nun haben sie sich an die Seite von Russland gestellt. Damit haben sie einer Grenzverschiebung durch Gewalt und Waffen zugestimmt", sagt Artem. Er setzt seine Hoffnung nun auf europäische Länder wie Frankreich, Deutschland und Großbritannien.

Doch bei den Verhandlungen in Riad sind die gar nicht erst dabei.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Diplomatie
Ukraine, Russland, USA: Verhandlungen ohne Plan?
vom 24. März 2025
Moderation: 
Rahel Klein
Gesprächspartner: 
Artem, aus der Ukraine geflohen
Gesprächspartner: 
Florian Kellermann, Deutschlandfunk-Korrespondent für Osteuropa und Russland