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Zug statt Flugzeug für die Mannschaften: Unter anderem dadurch sollte es die nachhaltigste EM aller Zeiten in Deutschland sein. Aber ist sie das geworden? Ein Blick auf die Flugdaten zeigt ein anderes Bild.

Der ehemalige Nationalspieler Philip Lahm ist der Turnierdirektor der Fußball EM 2024 in Deutschland. Vor der Europameisterschaft hatte Lahm versprochen, dass das Turnier die nachhaltigste EM sein wird, die es je gegeben hat. Das Fazit von Sportreporter Maxi Rieger ist jedoch ein anderes: Ziel verfehlt.

"Es gibt gute Ideen bei der UEFA, die aber nicht so umgesetzt wurden, dass es wirksam war."
Maxi Rieger, Sportreporter

Maxi Rieger erklärt, dass die UEFA Deutschland im Vorfeld in vier Zonen eingeteilt hat: Nord-Ost, Süd und West. Mit diesen sogenannten Clusterregionen sollten Emissionen bei der Mobilität eingespart werden. Die Spiele einer Nationalmannschaft sollten in einer Umgebung und dadurch gut durch Bus und Bahnfahrten erreicht werden können. Wie die Mannschaften jeweils anreisen und wo das Hauptquartiert der Mannschaften gebucht wurde, das lag allerdings in den Händen der jeweiligen Teams.

EM 2024: Gute versus schlechte Nachhaltigkeitsbeispiele

Das Team von Georgien hat es geschafft, in der gesamten Zeit der EM nur ein Mal innerhalb von Deutschland in den Flieger zu steigen. Die Mannschaft hatte ihr Hauptquartier in NRW und fast alle Spiele im Westen. Für ein Spiel musste das Team nach Hamburg fahren. Georgien ist – abgesehen von Hin-und Rückflug nach Deutschland – überall mit Bus und Bahn angereist.

"Das, was die Teams da machen, hat eine brutal schlechte Vorbildfunktion"
Maxi Rieger über das Reiseverhalten von Spanien und England während der EM

Es gab aber bei dieser EM auch Teams, die einen besonders schlechten CO2-Fußabdruck hinterlassen haben. Zu den Teams zählen die beiden Mannschaften, die im Finale stehen: Die Spanier und die Engländer haben die schlechteste Bilanz. Die spanische Mannschaft ist am meisten geflogen. Besonders kritisiert wurde der kürzeste Flug der EM von ihrem Mannschaftsquartier an der schweizerischen Grenze zum Spiel nach München: 23 Minuten in der Luft. Die spanische Mannschaft wird übrigens von der spanischen Fluggesellschaft Iberia gesponsert.

Gründe für dieses Verhalten sieht Maxi Rieger zum einem bei der Gewohnheit der Mannschaften als auch bei schlechter Planung und zu wenigen klaren Vorgaben der UEFA für nachhaltige Mobilität der Teams.

Vor allem die Fanbewegungen sind klimarelevant

Im Vergleich zu den Teams haben jedoch die Fussballfans – aufgrund der schieren Masse – einen viel größeren Einfluss. Für sie gab es innerhalb von Deutschland ein Bahnticket für 29.90 Euro, um zu den Stadien zu kommen. 180.000 Fans nutzen diese Fahrkarten bis jetzt und sorgten für volle Züge und Straßenbahnen. Wenn man das ins Verhältnis setzt zu den 2,7 Millionen Tickets, die bei der EM zum Verkauf stehen, dann erscheint diese Zahl eher nüchtern. Auch eine vergünstigte Interrail-Zugfahrkarte wurde nicht besonders gut angenommen: Nur rund 7.000 Tickets wurden verkauft. Aus dem Ausland sind hingegen besonders viele Fußballfans mit Sonderflügen angereist. Und das wiederum ist schlecht für die Klimabilanz.

Amateurverein mit Nachhaltigkeitsbeauftragten

Die UEFA hat als Kompensation der CO2-Sünden der Mannschaften während der EM einen Fonds eingerichtet. Sieben Millionen Euro sind in diesem Nachhaltigkeits-Fonds. Die Summe wird an Amateurvereine für Projekte ausgezahlt, um die Nachhaltigkeit zu verbessern.

Ein Amateurverein, der schon nachhaltig arbeitet, ist der Berliner Fußballclub FC Internationale Berlin 1980 e.V. Der Verein hat in seiner Satzung stehen, dass sie nachhaltig sein möchten und haben mit Anton Klischewski sogar einen festangestellten Nachhaltigkeitskoordinator.

"Das Ziel ist, dass der Verein möglichst klimaneutral wird.“
Anton Klischewski, Nachhaltigkeitskoordinator beim FC Internationale Berlin 1980 e.V.

Anton erklärt, dass sie schon Solaranlagen, Wärmepumpe und Ökostrom nutzen und außerdem einen umweltfreundlicheren Kunstrasen mit Korkfüllung statt Plastikkügelchen haben. Aber gerade bei der Mobilität der Fans und Spielenden sieht Anton noch das größte Verbesserungspotenzial. Denn das sei für 10 bis 80 Prozent der Emissionen verantwortlich.

55 Prozent der Vereinsmitglieder reisen immer noch mit dem Auto an, obwohl es gerade in Berlin gute Möglichkeiten gibt, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Verein zu kommen.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieser Folge haben wir gesagt, dass UEFA und DFL die nachhaltigste EM aller Zeiten angekündigt hätten. Das stimmt nicht: Es waren UEFA und DFB. Wir haben das korrigiert.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
UEFA
Das Märchen von der nachhaltigen EM
vom 10. Juli 2024
Moderatorin: 
Ilka Knigge
Gesprächspartner: 
Martin Schütz, Deutschlandfunk-Nova-Reporter
Experte: 
Maxi Rieger, Sportreporter