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Wir sind fleißig. Wir schauen noch nach Feierabend in unsere Mails von Kunden, von Kollegen und vom Chef, häufen Überstunden an. Das ist alles Stress. Und der kann uns krank machen und erhöht sogar unser Sterberisiko. Das muss aber nicht sein, Stress kann auch positiv sein.

Millionen Deutsche haben extreme Arbeitszeiten. Das stellt eine Studie der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten fest. Demnach arbeitet jeder Neunte mehr als 48 Stunden pro Woche und insgesamt haben sie im ersten Halbjahr 2018 mehr als eine Milliarde Überstunden angehäuft. Die Hälfte davon sei nicht bezahlt worden. Und in der Regel dürften diese Arbeitsverhältnisse für Stress sorgen.

Es gibt negativen und positiven Stress

Ob Stress aber nun ungesund ist und uns schadet oder ob er sich vielleicht sogar positiv auf uns auswirkt, ist eine Typsache. "Unsere Einstellung hat einen ganz wesentlichen Einfluss auf unseren Stress, das Gefühl, ob wir beflügelt oder ausgelaugt sind durch die Arbeit", erklärt die Arbeitsmedizinerin Manuela Jacob-Niedballa. Sie fasst grob zusammen:

  1. Stress ist negativ, wenn wir das Gefühl haben, dass er uns schadet.
  2. Stress ist positiv, wenn wir das Gefühl haben, ihn zu bewältigen.

Dazu gibt es auch Studien. So ist belegt, dass jemand, der mega gestresst ist und darunter leidet, eher stirbt. Jemand, der gut mit seinem Stress umgehen kann, hat hingegen eine ebenso niedrige oder sogar eine geringere Sterblichkeit wie Menschen mit wenig oder gar keinem Stress.

"Diese Programmierung, die wir alle haben, dass Arbeiten krank macht, hat einen großen Anteil an unserer Einstellung."
Manuela Jacob-Niedballa​, Arbeitsmedizinerin

An der eigenen Einstellung lässt sich nicht immer etwas machen, aber wir können uns ein Stück weit vor negativem Stress schützen. Denn Stress ist ansteckend, sagt Manuela Jacob-Niedballa: "Wenn man Leute um sich hat, die permanent überbelastet sind, ist das ähnlich infektiös wie eine Virenerkrankung." Wenn also der Kollege bei euch im Büro die ganze Zeit jammert, dass er mit seiner Arbeit niemals fertig werden wird, und über seinen Stress schimpft, dann macht das auch etwas mit euch. Selbst dann, wenn ihr eigentlich entspannt seid und ihm nur zuhört.

Umgekehrt funktioniert das auch: Wenn ihr eurer Aufgabe gewachsen seid, wenn ihr qualifiziert seid für den Berg von Arbeit, werdet ihr selbst eine stressige Arbeitssituation als weniger schlimm empfinden. Da hilft es auch, wenn ihr dann noch Leute habt, die euch den Rücken stärken. "Am idealsten natürlich Kollegen und Vorgesetzte", sagt Manuela Jacob-Niedballa.

Je mehr Arbeitszufriedenheit, desto eher positiver Stress

Die Arbeitsmedizinerin ist also davon überzeugt, dass Stress vor allem eine Frage der Einstellung und der Umstände ist: "Wenn Sie sich stark mit Ihrer Arbeit identifizieren, ist das etwas ganz Positives." Vor allem, wenn Ihr das Gefühl habt, dass eure Arbeit euch Sinn und Erfüllung gibt, puffert das den Stress ab – und verkehrt ihn sogar ins Gegenteil um. Dann kommt ihr in diesen Arbeitsflow, in dem plötzlich alles wunderbar funktioniert.

Mehr zum Thema Stress:

Shownotes
Überstunden
Stress ist Ansichtssache
vom 19. September 2018
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartnerin: 
Manuela Jacob-Niedballa, Arbeitsmedizinerin